Frage an Michael Schweiger von Wolfgang K. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Das Problem des fehlenden bezahlbaren Wohnraums insbesondere für Menschen mit sog. Zugangsschwierigkeiten zum Wohnungsmarkt ist in den letzten Jahren deutlich geworden, erste Ansätze hier Verbesserungen gibt es zwar, es fehlen aber einfach zu viele Wohnungen.
Was beabsichtigen Sie bzw. Ihre Partei zu tun, um hier wirklich spürbare Verbesserungen zu erreichen.
Mit besten Grüßen Wolfgang Kiel
Sehr geehrter Herr Kiel,
vielen Dank für Ihre Frage. Hierzu möchte ich Ihnen folgendes zunächst vorausstellen: Die vergangene Koalition hatte es sich zum Ziel gesteckt, jährlich 5000-6000 Wohnungen zu errichten.
Dieses Ziel wurde aus mehreren Gründen bisher noch nicht erreicht. Wir Grüne hatten 2009 einen umfangreichen Wohnungsbauentwicklungsplan mit einer breiten Maßnahmenpalette vorgelegt. Die Aktivierung des Wohnungsmarkts und der nötigen Grundstücke setzt in der Regel mit einer zeitlichen Verzögerung von 2-4 Jahren ein. Die Erarbeitung der gesetzlichen Grundlagen, die Baureifmachung der Grundstücke, die Kampfmittelräumung, aber auch breitere Beteiligungsverfahren und Bürgerbegehren führen zu zeitlichen Verzögerungen.
Unser Ziel ist es weiterhin, den Wohnungsbau erheblich zu steigern, auch und gerade den sozialen Wohnungsbau – ohne Einschnitte in die Beteiligungsrechte. Wir wollen früher und umfassender informieren, um mehr Akzeptanz für wichtige Projekte zu schaffen.
Wir haben die Zahl der geförderten Sozialwohnungen von 600 auf 1.200 verdoppelt. Der Verkauf der SAGA und von Wohnungen der SAGA wurde von uns grundsätzlich gestoppt. Die SAGA wurde verpflichtet, bei Mieterhöhungen grundsätzlich den Mittelwert des Mietenspiegels nicht zu überschreiten. Die SAGA wurde als Bauherr wieder aktiviert und hat sich verpflichtet bis 2012 1.230 Wohnungen zu bauen. Das reicht uns noch nicht. Hier wollen wir noch eine erhebliche Steigerung. Die GAL will die SAGA wieder zum maßgeblichen Wohnungsbauer der Stadt machen. Die Freie Wohnungswirtschaft und die Genossenschaften müssen zudem in die Pflicht genommen werden, um mehr Sozialwohnungen zu bauen.
Aber wir müssen aus den Fehlern der 60-er und 70-er Jahre lernen. Es ist nicht möglich, Sozialwohnungen in ähnlich hoher Anzahl wie in den Siebziger Jahren von bis zu 20.000 pro Jahr zu bauen. Eine zeitgemäße Hamburger Mischung aus Sozial-, Genossenschafts-, Baugemeinschafts-, Eigentums- und freifinanziertem Wohnungsbau hat sich bewährt und wird von uns weiterverfolgt. Der Bindungsauslauf zahlreicher Sozialwohnungen in den kommenden Jahren bedeutet nicht, dass sofort die Mieten stark steigen, da eine große Zahl dieser Wohnungen im Bestand der SAGA und der Genossenschaften sind. Wir wollen, dass Sozialbindungen in ausreichendem Maße angekauft und verlängert werden. Wir wollen die Bindungszeiten verstärkt wieder bis 30 Jahren und länger laufen lassen. Die GAL hat Anfang 2010 durchgesetzt, dass bei allen Wohnungsbauvorhaben mit mehr als 40 Wohneinheiten ein Mindestanteil von 20-30% Sozialwohnungen realisiert werden soll.
Diese Ziele sind bei Grundstücksvergaben und Fördermittelinanspruchnahme über städtebauliche Verträge durchzusetzen.
Baugemeinschaften fördern die Durchmischung und den sozialen Zusammenhalt der Quartiere. Sie ermöglichen es, dass weniger finanzstarke Familien nicht ins Umland ziehen und sich gemeinsam in Hamburg eine selbstgestaltete Heimat bauen. Sie sollen weiterhin 20% aller zu vergebenden städtischen Grundstücke und eine auskömmliche Förderung bekommen. Es gibt einen Mangel im Bereich der familienfreundlichen Wohnungen mit mehr als 4 Zimmern sowie im Bereich günstiger kleiner Wohnungen für Singles, Lehrlinge, Studenten und der von Ihnen genannten Personengruppe. Dies muss bei Neuplanungen und bei der Wohnungsbauförderung verstärkt berücksichtigt werden.
Die aktuelle Miethöhe von Sozialwohnungen im Neubau beträgt € 5,70. Die GAL setzt sich als zusätzliches Element der Wohnungsförderung für ein Mittelsegment von 7-9 € ein, um eine breitere Mischung der Quartiere zu erzielen und um die Miethöhen des ungeförderten Wohnungsbaus von 10-12 € besser abpuffern zu können.
Die Fragestellung der Wohnungsversorgung für "Menschen mit Marktzugangsproblemen", wie z.B. psychisch Erkrankter, ist eine sehr komplexe. Im Wohnungsbauentwicklungsplan (WEP) ist dies sehr ausführlich dargestellt. Sie können ihn sich unter https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/ Drucksachennummer 2995 für den ersten WEP aus 2009 und 8515 für den WEP 2010 herunterladen. Dort jeweils die Seiten ~ 51-64. Als ein Beispiel möchte ich nur herausgreifen, dass wir ein neues Förderprogramm aufgelegt haben, welches Anreize für soziale Träger bietet soziale Bindungen speziell für die Gruppe einzugehen, damit wir hier zu mehr Vermittlungsergebnissen kommen. Abschließend möchte ich anmerken, dass die Wohnraumsituation insbesondere für sozial benachteiligte und zumeist isoliert lebende Menschen eine enorme Herausforderung für alle Beteiligten darstellt.Hier braucht es Wohnraum und einhergehend mit positiven Impulsen für ein funktionierendes Gemeinwesen. Daher verfolgen wir Grüne die soziale Stadtteilentwicklung mit viel Kraft. Ich begrüße und unterstützte daher auch das genossenschaftliche Engagement der aktiven Akteure im Umfeld der Träger und Verbände und bitte Sie im Namen der GAL-Hamburg hier nicht locker zu lassen.
Herzlichst Ihr
Michael Schweiger