Frage an Michael Schweiger von Anton S. bezüglich Wirtschaft
Herr Schweiger,
Das Wettbewerbsrecht beinhaltet die Möglichkeit, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Soziale Kriterien anzuwenden. Das bedeutet, dass ein Anbieter - bei gleicher fachlicher Eignung und Preisbildung wie der Wettbewerb - bevorzugt behandelt werden kann, der zum Beispiel in einem bestimmten Maße Menschen mit Behinderung in der Ausführung des öffentlichen Auftrags beschäftigt.
Meine Frage:
a) was halten Sie von dieser Möglichkeit?
b) für welche Arten von Aufträgen könnte das Ihrer Meiniung nach in Hamburg und in den Bezirken in Frage kommen?
Sehr geehrter Herr Senner,
vielen Dank für Ihre Frage. Die Anpassung des Wettbewerbsrechtes im Rahmen öffentlicher Vergabe ist uns Grüne ein wichtiges Anliegen. Hier lassen sich wichtige sozialpolitische Weichen stellen. So konnten wir in Hamburg zuletzt die Vergabe von Grundstücken zur Bebauung dementsprechend anpassen, dass diese nicht mehr zum Höchstpreisverfahren veräußert werden, sondern nunmehr auch konzeptionelle und qualitative Aspekte Berücksichtigung finden. Dies ist vor dem Hintergrund zwingend notwendiger Anstrengungen im sozialen, genossenschaftlichem Wohnungsbau dringend geboten.
Konkret zu Ihrer Frage:
Durch die Modernisierung des Vergaberechts und die Umsetzung der EU-Richtlinien ist die explizite Zulassung sozialer und ökologischer Aspekte, die bisher häufig als vergabefremd angesehen wurden, bei der Auftragsvergabe einfacher geworden.
Hier wollen wir Grüne uns in Hamburg zukünftig stärker an die gute Praxis von Nachbarländern orientieren.
Das rot-grün regierte Bundesland Bremen hat mit dem Bremer Vergabegesetz die Möglichkeiten des neuen EU-Rechtes als erstes Bundesland umgesetzt. Die Bremerinnen und Bremer haben bei der Beschaffung von Waren nachhaltige Muss-Regelungen gefunden, die Einführung eines Mindestlohns von 7,50 bei Auftragnehmern geregelt. Zudem müssen bei allen Waren Umweltzeichen und Lebenszykluskosten berücksichtigt werden. Im Bereich der sozialen Kriterien gibt es entsprechende Nachweispflichten und es werden die Unternehmen bevorzugt, die Frauenfördermaßnahmen durchführen und ausbilden oder die angebotene Waren unter Beachtung der ILO-Kernarbeitsnormen herstellen. Die GAL möchte in Hamburg diesen Weg weiter gehen und die Erfahrungen mit dem neuen Vergaberecht prüfen, um die Nachfragemacht der FHH stärker als Gestaltungsinstrument zu nutzen. Die Durchsetzung sozialer Standards ist uns dabei besonders wichtig. Prinzipiell sollte das im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten für alle Arten von Vergaben gelten. Die von Ihnen beschriebene Anpassung des Wettbewerbsrechtes zur Gunsten beschäftigungsfördernder Items halte ich für eine sehr gute Möglichkeit, Menschen mit Behinderung eine weitere, dringend benötigte Perspektive zur Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen. Eine entpsrechende Ergänzung diesbezüglich werde ich gerne in die zukünftige Arbeit der GAL-Fraktion aktiv einbringen.
Herzliche Grüße
Michael Schweiger