Frage an Michael Schlecht von Irmgard R. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Schlecht,
ich sah gestern "Studio Friedman" auf N24, wo Sie zu Gast waren.
Wie beurteilen Sie die Schattenwirtschaft bzw. könnte man nicht reguläre Arbeitsplätze aus ihr regenerieren, z.B. durch attraktive Angebote für Menschen die ansonsten keine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben? So könnte der Staat z.B. einen Teil der Lohnkosten übernehmen, wenn der Mindestlohn kommt. Natürlich nur für echte Problemgruppen, die jahrelang erwerbslos waren. Irgend einen Anreiz bräuchten die Arbeitgeber, damit sie diesen Menschen überhaupt eine Chance bieten, denke ich.
Bei Wikipedia heißt es: "Das Gesamtaufkommen der Schattenwirtschaft wird mit ca. 347,6 Mrd. Euro quantifiziert, das entspricht einem Verhältnis Schattenwirtschaft zu offiziellem BIP von 13,91 %"
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Schattenwirtschaft#Umfang_und_Entwicklung
Ist das nicht sehr viel?
Andererseits missfällt mir machmal, wenn man die "Schuld" nur bei den Arbeitnehmern sucht, die Schwarzarbeit tätigen, nicht aber bei den Arbeitgebern.
Zum anderen möchte ich Sie über die Steuern befragen.
Heute wird meines Wissens gar nicht immer der reguläre Steuersatz bezahlt. Ist das richtig und wenn ja, sollte man nicht- vor einer Erhöhung- dafür sorgen, dass jede und jeder den Steuersatz bezahlt, den er eigentlich bezahlen müsste? Ich kann verstehen, dass man Investitionen fördern will, aber m.E. genügt ein guter Steuerberater, um die Steuerlast zu drücken, insbesonders bei hohen Vermögen und Einkommen. Können Sie diesem meinem Eindruck zustimmen?
Mit freundlichen Grüßen
Irmgard Resch
Sehr geehrte Frau Resch,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Schwarzarbeit ist ein ernsthaftes Problem, vor allen für die Menschen, die oftmals unfreiwillig in halblegale und illegale Beschäftigungsformen gedrängt werden. Wer teilweise oder vollständige schwarzarbeitet, zahlt beispielsweise wenig oder gar nichts in die Rentenversicherung ein und riskiert somit Altersarmut. Sie sind nicht selten gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen schutzlos ausgesetzt. Zur Schwarzarbeit gehören immer zwei Seiten- der Beschäftigte und der beschäftigende Betrieb. Das Anbieten von halblegalen und illegalen Beschäftigungsverhältnissen seitens eines Arbeitgebers will die LINKE bekämpfen. DIE LINKE hat im Bundestag bereits frühzeitig beispielsweise unter dem Titel „Verstöße gegen den Mindestlohn im Baugewerbe wirksam bekämpfen“ (Drucksache 16/9594) einen entsprechenden Antrag eingebracht. Auch fordert die LINKE, die „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ (FKS) personell und finanziell besser auszustatten. Ziel muss es sein Schwarzarbeit in reguläre Beschäftigung zu überführen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund geht davon aus, dass bei Umwandlung der Schwarzarbeit in legale Beschäftigung mindestens 500.000 Arbeitsplätze zusätzlich entstehen könnten.
Ihr Eindruck teile ich. Die öffentliche Hand verliert jährlich durch Steuerbetrug 30 Milliarden Euro. Steuerbetrüger nutzen insbesondere den mangelnden Informationszugang des Fiskus auf steuerrelevante Aktivitäten im Ausland aus. Der automatische Informationsaustausch, bei dem jeder steuerrelevante Vorgang automatisch weitergeleitet wird, ist international immer noch nicht der verbindliche Standard. In Deutschland können selbst die schon vorhandenen Informationen nicht zeitnah verarbeitet werden, weil es an Personal fehlt. Der grundgesetzwidrige, ungleichmäßige Vollzug der Steuergesetze, der sich auch in einem deutlichen Nord-Süd-Gefälle zwischen den Bundesländern ausdrückt, wird weiterhin toleriert. Die Einführung der Abgeltungsteuer auf private Kapitalerträge hat Steuerhinterziehung weiter befeuert. Denn diese Steuer wird anonymisiert erhoben. Die LINKE hat Vorschläge gemacht um die Steuerhinterziehung wirksam zu bekämpfen und Steuergestaltung massiv einzuschränken.
Beste Grüße
Michael Schlecht