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Michael Schlecht
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Frage von Erich-Günter K. •

Frage an Michael Schlecht von Erich-Günter K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Herr Schlecht,

am 10.2.14 informierte der Chefunterhändler der EU, Ignacio Garcia Bercero, die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschaft und Energie über den Stand der TTIP-Verhandlungen.
Wie berichtet wird, konnten die Ausschussmitglieder Fragen zu Problemen und zu den Grenzen des EU-Mandats stellen.
In Ihrer Eigenschaft als Sprecher der Fraktion im Ausschuss habe ich diese Fragen an Sie:
1)
Wie beurteilen Sie die großen Vorteile des Abkommens für Wachstum und Arbeitsplätze, wie sie von der EU-Kommission und von der Bundesregierung wiederholt dargestellt wurden?
2)
Welche Probleme sehen Sie vorrangig bei dem geplanten Freihandelsabkommen?
3)
Wie beurteilen Sie die darin angestrebte Vermeidung von öffentlichen Gerichtsverhandlungen bei Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten zu Gunsten von geheimen, nicht öffentlichen Schiedsverfahren?
4)
Auf Fragen nach den Grenzen des EU-Mandats erklärte Herr Bercero, für den audiovisuellen Sektor habe die EU kein Verhandlungsmandat. Auch die Buchpreisbindung gehört nach Angaben der EU-Kommission nicht zum Verhandlungsmandat. Öffentliche Monopole in Europa wie die Wasserversorgung würden ebenfalls nicht zur Disposition stehen. Davon ausgehend, dass sowohl das öffentliche Schul- und Bildungs- wie auch das öffentliche Gesundheits-, und öffentlich geförderte Sport- und Kulturwesen als Teile des Dienstleistungssektors vom EU-Mandat erfasst sind, frage ich Sie, ob meine Sorge berechtigt ist, dass angestrebt wird, auch diese Bereiche der öffentlichen Hand zunehmend zu entziehen, um sie mittel- bis langfristig nach US-Vorbild privat zu organisieren?

Mit Dank vorab für die Beantwortung grüßt Sie freundlich
Erich-Günter Kerschke, Köln

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Kerschke,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Die Vorteile des TTIP-Abkommen zwischen der EU und den USA für Wachstum und Arbeitsplätze, nach allem was bisher bekannt ist, werden sehr gering sein.

Es zeichnet sich ab, dass mühsam erkämpfte Rechte, Standards und Schutzmechanismen durch die angestrebte Vereinheitlichung bzw. gegenseitige Anerkennung faktisch über Bord geworfen würden. Hierzu nur drei Beispiele von vielen:

Beim Umweltschutz gilt in der EU: Ein Unternehmen muss beweisen, dass zum Beispiel eine Substanz unschädlich ist. In den USA dagegen darf diese Substanz auf den Markt, bis bewiesen ist, dass sie schädlich ist. Eine „Harmonisierung“ würde bedeuten: Die – schlechtere – US-Regel gilt.

Schon heute leidet die Versorgung von Patienten unter der harten Konkurrenz von öffentlichen und privaten Krankenhausträgern. Künftig würden US-Gesundheitsdienstleister mit in den Ring steigen. Logische Folge: Die Qualität der Versorgung sinkt weiter, ebenso wie die Löhne der Beschäftigten.

Mit TTIP soll das öffentliche Beschaffungswesen liberalisiert werden. Wenn der Staat Aufträge ausschreibt, dürfen sich dann auch US-Konzerne bewerben. Von der verschärften Konkurrenz profitieren die großen Unternehmen, kleine und mittlere Firmen unterliegen.

Die Investor-Staat-Schiedsverfahren sind rundum abzulehnen.

Ihre Befürchtung, dass es zu einem Ausverkauf bzw. einer Verschlechterung im Bereich der öffentlichen Daseinsfürsorge durch das Abkommen kommen kann, halte ich angesichts der zugänglichen Informationen für durchaus berechtigt.

Auf Grund des vielseitigen Drucks sind die Verhandlung ins Stocken geraten. Es wird aber noch mehr Druck brauch um dieses Abkommen und auch ähnliche Abkommen wie CETA zwischen der EU und Kanada zu verhindern.

Etwas ausführlicher habe ich mich in einem Kommentar mit diesem Thema auseinandergesetzt, den sie gern hier: http://www.michael-schlecht-mdb.de/freihandel-gegen-die-menschen.html nachlesen können.

Beste Grüße

Michael Schlecht