Wo bleibt der "Kamala-Harris-Moment" für die SPD?

 Sehr geehrter Herr H.

vielen Dank für Ihre Nachricht. Ich stimme Ihnen zu, dass in der deutschen Politik oft die Leidenschaft und Begeisterung fehlen, die wir beim Nominierungsparteitag der US-Demokraten erlebt haben. Statt unsere Demokratie zu feiern, verwalten wir sie oft nur.

Allerdings ist unsere Form der repräsentativen Demokratie anders aufgebaut als in den USA. Bei uns spielen Parteien und ihre Programme eine zentrale Rolle, nicht nur einzelne Personen. Das macht unsere Demokratie weniger anfällig für Demagogie, lässt sie aber auch nüchterner erscheinen.

Dennoch können wir viel aus dem Wahlkampf der Demokraten mitnehmen. Inmitten von Krisen und Unsicherheiten sehnen sich viele Amerikanerinnen und Amerikaner nach einer positiven und hoffnungsvollen Zukunftserzählung. Sie sind erschöpft vom ständigen Streit und der zunehmenden Polarisierung, und Kamala Harris gibt diesen Menschen eine Stimme. Auch in Deutschland bin ich überzeugt, dass es zahlreiche Menschen gibt, die sich nach einem ähnlichen Aufbruch sehnen.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Roth