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Michael Roth
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Frage von Willy K. •

Wie ordnen Sie die Ermittlungen des GBA und die Bewertung des Kanzlers zum Nord-Stream-Anschlag europapolitisch ein?

Sehr geehrter Herr Roth,

in der Bürgerrunde vom 14.09.2024 nannte der Kanzler die Nord-Stream-Sprengung, im gleichen Wortlaut wie Putin am 29.09.2022, einen „terroristischen Akt“. Angesichts der Morde in Solingen ein starker Ausdruck für Sabotage. Außenpolitisch äußern sich Kanzler und Teile der SPD, wie Prof. Heinrich August Winkler sagt, „willkürlich, erratisch und nicht selten faktisch falsch“. Z.B. im SPIEGEL-Interview vom 22.04.2022 über die Gefahr eines Atomkriegs, falls man Marder an die Ukraine liefert, die lt. BILD seit dem 9.8.2024 in der russischen Oblast Kursk eingesetzt werden.

Inwiefern waren die Pipelines wirklich deutsche Infrastruktur in internationalen Gewässern bzw. den schwedischen und dänischen AWZ? Lt. Wikipedia hielten zwei dt. Firmen je 15,5% der Anteile, während 51% bei einer Schweizer Tochter von Gazprom lag. Bojan Pancevski sagte bei Lanz am 12.09.2024, für viele EU-Staaten wäre es russische Infrastruktur. Wie ordnen Sie dies europapolitisch ein?

MfG

Willy K.

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Sehr geehrter Herr K.

für Ihre Frage danke ich Ihnen und nehme gerne dazu Stellung.

Bei den Sabotageakten am 26. September 2022 wurden beide Stränge der Pipeline Nord Stream 1 sowie ein Strang von Nord Stream 2 zerstört. Alleiniger Eigentümer der Pipeline Nord Stream 2 ist die Nord Stream 2 AG, die vollständig zum russischen Staatskonzern Gazprom gehört. Eigentümer und Betreiber der Pipeline Nord Stream 1 ist die Nord Stream AG, deren Anteile von Gazprom (51 %) sowie Wintershall Dea, E.ON, Gasunie und Engie gehalten werden. Rein rechtlich handelt es sich bei den Pipelines also um kritische Infrastruktur im mehrheitlichen Besitz eines russisches Staatskonzerns.

Zum Zeitpunkt der Explosionen waren beide Pipelines außer Betrieb. Einerseits hatte Bundeskanzler Scholz als Reaktion des russischen Überfalls auf die Ukraine im Februar 2022 die notwendige Genehmigung für Nord Stream 2 versagt. Andererseits hatte das russische Staatsunternehmen Gazprom die Gaslieferungen über Nord Stream 1 während des Sommers 2022 immer weiter reduziert und im August vertragswidrig vollständig eingestellt.

Unabhängig davon hat der Bundeskanzler deutlich gemacht, dass er die Sprengung der Pipelines als "terroristischen Akt" betrachtet, der umfassend aufgeklärt werden muss. Ich habe dabei vollstes Vertrauen in die Arbeit der deutschen Strafverfolgungsbehörden, die ihre Ermittlungen unabhängig und ohne politische Einflussnahme führen. Falls es zu einer Anklage kommt, sollte der Verdächtige selbstverständlich vor einem deutschen Gericht Verantwortung übernehmen, unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Roth

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