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Frage von F. H. •

Was ist Ihr Eindruck von der Bilanz der Ukraine-Wiederaufbaukonferenz mit "Alibicharakter" (c) laut kompetenter Einschätzung von R. Füchs im Deutschlandfunk?

Was ist Ihr Eindruck von der Bilanz der Ukraine-Wiederaufbaukonferenz mit "Alibicharakter" (c) laut kompetenter Einschätzung von R. Füchs im Deutschlandfunk? Was bedeutet für den zeitenwendenresisten Kanzler der Wiederaufbau, während der Krieg doch noch gar nicht gewonnen worden ist, der Kanzler das nicht einmal als Zielutopie ausbuchstabieren kann und täglich weiter zerstört wird?

Quelle:

DLF: Ukraine-Konferenz - Grünen-Vordenker Fücks: Reden über Wiederaufbau mit „gewissem Alibicharakter“

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr H.,

für Ihre Frage zur Ukraine-Wiederaufbaukonferenz danke ich Ihnen und nehme gerne dazu Stellung.

Der Wiederaufbau der Ukraine ist ein herausragendes Ziel, denn die Ukrainerinnen und Ukrainer kämpfen jeden Tag für eine demokratische, freie und souveräne Ukraine. Allerdings dürfen wir uns nichts vormachen: Wenn die Ukraine diesen Krieg verliert, dann waren alle unseren Bemühungen vergebens. 

Bereits heute liegt ein Großteil der ukrainischen Infrastruktur in Schutt und Asche. Es gibt regelmäßige Stromausfälle im ganzen Land, die die ukrainische Wirtschaft und insbesondere die Wehrindustrie schwer treffen. Charkiw und andere Städte werden täglich bombardiert, weil es an Luftverteidigung fehlt. Für viele Ukrainerinnen und Ukrainer klingt Wiederaufbau zurzeit sehr fern und abstrakt. 

Das bedeutet nicht, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist, um über Wiederaufbau zu sprechen. Wiederaufbau und militärische Unterstützung sind zwei Seiten derselben Medaille. Wir müssen realistisch sein und die richtigen Schwerpunkte setzen. Für mich sind das Energie und Sicherheit. Denn ohne Sicherheit und Energie ist alles nichts. Deswegen sollten wir uns konzentrieren auf den Schutz und Wiederaufbau der ukrainischen Energieinfrastruktur und die militärische Unterstützung der Ukraine, allen voran bei der Luftverteidigung. Ohne Sicherheit vor dem russischen Imperialismus wird der Wiederaufbau nicht gelingen. Ohne Sicherheit werden die vielen Ukrainerinnen und Ukrainer, die geflüchtet sind, nicht in die Ukraine zurückkehren, um das Land wiederaufzubauen. Ohne Sicherheit werden ausländische Unternehmen das Risiko scheuen, in der Ukraine im großen Stil zu investieren. Ohne Energie wird die ukrainische Wehrindustrie nicht genügend Nachschub für die ukrainische Armee produzieren. Ohne Energie wird es keinen wirtschaftlichen Aufschwung geben. 

Zuletzt müssen wir auch darüber sprechen, wie der ukrainische Wiederaufbau und Freiheitskampf finanziert werden soll. Die Weltbank hat im Dezember 2023 berechnet, dass Russland 500 Milliarden US-Dollar an Schäden in der Ukraine angerichtet hat. Dieser Betrag wächst jeden Tag. Darüber hinaus braucht die Ukraine bis zu 50 Milliarden US-Dollar pro Jahr von ihren Partnern, um den finanziellen Kollaps abzuwenden und den Freiheitskampf zu finanzieren. Angesichts dieser immensen Summen sollten wir neue Wege einschlagen und rechtssichere Mittel finden, um das eingefrorene russische Vermögen zu beschlagnahmen und der Ukraine so schnell wie möglich vollständig zur Verfügung zu stellen. Alles andere wäre auch gegenüber unseren Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern nicht vertretbar.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Roth

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