Warum will der Kanzler die Vertrauensfrage erst im Januar stellen?
Sehr geehrter Herr Roth,
halten Sie die Vorhaben des Kanzlers, noch Gesetze ohne eigene Mehrheit im Bundestag bis Januar umsetzen zu können, für realistisch? (https://shorturl.at/PBWtP)
Laut Medienberichten bzw. der Aussage von Friedrich Merz bei Maybritt Illner hat Selenskyj in einem persönlichen Telefonat wieder direkt nach weitreichenden Waffen, darunter Taurus, gefragt und sogar gesagt, dass die finanziellen Mittel derzeit nicht das Problem seien. (https://shorturl.at/HdaUr) Währenddessen hat Scholz Lindner vorgeworfen, der Ukraine finanzielle Mittel zu blockieren (https://shorturl.at/bK8sh), während Lindner im gleichen Schlagabtausch Scholz vorwarf, dagegen Waffensysteme blockiert zu haben. (https://shorturl.at/6FvOd) Warum nun erneut verzögern?
MfG
Willy K.
Sehr geehrter Herr K.,
für Ihre Frage danke ich Ihnen und nehme gerne dazu Stellung.
Wenige Tage nach dem Ausscheiden der FDP aus der Ampel-Koalition herrscht nun Klarheit über den Wahltermin: Der Bundeskanzler wird am 16. Dezember 2024 im Deutschen Bundestag die Vertrauensfrage stellen und dann den Bundespräsidenten um die Auflösung des Bundestages bitten. Mit dem 23. Februar 2025 haben wir jetzt den frühestmöglichen Termin für vorgezogene Bundestagswahlen festgelegt – eine vernünftige Entscheidung, die unwürdige Debatte um einen Wahltermin ist damit beendet. Der Wahltermin berücksichtigt die berechtigten Bedenken der Bundeswahlleiterin und den Wunsch nach schneller Klarheit. Jetzt haben die Wählerinnen und Wähler das Wort. Sie können in fairen, geordneten und hoffentlich zuverlässigen Wahlen über die Zukunft unseres Landes entscheiden.
Mit dem Wahltermin ist nun auch der Weg frei für die inhaltliche Auseinandersetzung, und die Union kann sich nicht länger hinter der Terminfrage verstecken. Die Totalblockade der Union (“keine Inhalte vor der Vertrauensfrage”) auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger ist unangemessen und gescheitert. Bis der Bundeskanzler die Vertrauensfrage stellt und das Parlament aufgelöst wird, arbeiten wir weiter an zentralen Projekten, die das Leben der Menschen verbessern: Die Erhöhung des Kindergeldes, Steuersenkungen für die arbeitende Mitte, die Stabilisierung des Deutschlandtickets und weitere Entlastungen für Industrie und Beschäftigte stehen jetzt im Mittelpunkt unserer Arbeit. Diese Maßnahmen sind entscheidend für eine soziale und wirtschaftlich starke Zukunft. Sie sollten unbedingt vor Beginn des heißen Wahlkampfs entschieden werden. Wichtig ist auch, dass wir vor der Wahl die Widerstandskraft von Bundesverfassungsgericht und Bundestag gegen antidemokratische Angriffe schützen. Über diese und weitere Ziele besteht unter den demokratischen Fraktionen bereits Einigkeit.
Die Aussage von Herrn Merz, die Ukraine brauche jetzt keine weiteren finanziellen Mittel für ihren Verteidigungskampf, halte ich für gefährlich. Für das Überleben der Ukraine ist es von höchster Bedeutung, dass die Finanzierung für die Militärhilfen langfristig gesichert ist - insbesondere so lange der 50-Milliarden-Dollar-Kredit, der sich aus den Zinserträgen der eingefrorenen russischen Staatsvermögen speisen soll, noch nicht in trockenen Tüchern ist. Bereits jetzt sind die Mittel aus der deutschen Ukraine-Hilfe für 2024 und 2025 vollständig verplant. Über bereits getätigte Bestellungen hinaus gibt es keine finanziellen Spielräume, um kurzfristig auf eine veränderte militärische Lage zu reagieren. Die vom Bundeskanzler vorgeschlagenen weiteren 3 Mrd. Euro, die zusätzlich zu den bereits im Bundeshaushalt 2025 eingeplanten Ukraine-Hilfen in Höhe von 4 Mrd. Euro fließen sollten, wären insofern ein Schritt in die richtige Richtung gewesen. Aber das hat der ehemalige Finanzminister mit seinem Veto verhindert.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Roth