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Michael Roth
SPD
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Frage von Harald W. •

Warum setzen Sie sich nicht für die ländliche Bevölkerung ein?

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
seit 2020 haben sich die Heizkostenpreise für Gas- und Ölheizungen verdreifacht. Gaskunden werden nun von der Bundesregierung unterstützt. Gerade in ländlichen Bereichen sind oft - mangels Gasanschlüsse - Ölheizungen verbaut. Trotz gleicher Preissteigerungen wird hier nicht unterstützt. Also müssen die Eigentümer von Ölheizungen jetzt - neben den exorbitant hohen Heizölpreisen - auch noch die privaten und gewerblichen Gaskunden stützen. Schließlich werden hierfür ja Steuergelder eingesetzt. Es wiederholt sich also das Neun-Euro-Ticket. Während in den Städten über die Verkürzung der Zug- und Bustaktungen von 15 auf 10 Minuten diskutiert wird, konnte man im ländlichen Bereich das Ticket - mangels Zug- und Busverbindungen - überhaupt nicht nutzen, muss aber jetzt die Kosten tragen helfen. Wie erklären Sie das den Wählern und werden Sie über einen Rechtsruck bei kommenden Wahlen überrascht sein?
Mit freundlichen Grüßen
H. W.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr W.,

ich bedanke mich für Ihre Nachricht anlässlich der dramatisch gestiegenen Energiekosten, insbesondere zu Belastungen durch den Heizölpreis. Gerne antworte ich Ihnen hierzu.
        
Mir ist bewusst, dass die aktuell sehr angespannte Situation auf dem Energiemarkt alle Verbraucherinnen und Verbraucher außerordentlich belastet. Die junge Familie genauso wie die alleinstehende Arbeitnehmerin oder den Rentner. Es ist gut, dass die Bundesregierung mit den drei bislang beschlossenen Entlastungspaketen in Höhe von 95 Milliarden Euro vor allem auf Hilfen für diejenigen abzielt, die besonders von den steigenden Kosten getroffen werden. Neben der Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro für Rentner und Arbeitnehmerinnen zielen die Unterstützungsmaßnahmen der Bundesregierung auf Steuererleichterungen, Heizkostenzuschüsse, zahlreiche Einmalzahlungen für Menschen mit kleinem Einkommen oder die deutliche Ausweitung des Wohngeldes. 
        
Trotzdem erfordert die aktuelle Lage, dass wir auch auf dem Markt für Energieträger ansetzen, bei denen im Moment besonders große Teuerungseffekte zu beobachten sind. Ein wesentlicher Baustein hierbei ist der Strompreisdeckel, den die Bundesregierung im Rahmen des dritten Entlastungspakets beschlossen hat. Das heißt: Damit Strom bezahlbar bleibt, führen wir eine Strompreisbremse für den Basisverbrauch der Bürgerinnen und Bürger ein und deckeln den Preis für den Grundbedarf an Strom. Den Privathaushalten kann dadurch eine gewisse Grundmenge an Strom zu einem vergünstigten Preis gutgeschrieben werden. Damit entlasten wir Haushalte spürbar und erhalten gleichzeitig den Anreiz zum Stromsparen. 
        
Aufgrund der russischen Erpressungsstrategie ist der Preis für Erdgas in diesem Jahr regelrecht explodiert. Jüngste Berechnungen zeigen, dass sich allein der durchschnittliche Preis im Vergleich zum Vorjahr um etwa 235 Prozent verteuert hat. Das belastet nicht nur die Privathaushalte, sondern ist vor allem eine große Bewährungsprobe für unsere heimische Wirtschaft, für deren Geschäftsbetrieb der Bezug von Erdgas unverzichtbar ist. Die Senkung der Mehrwertsteuer für Gas von 19 auf 7 Prozent ist deshalb ein wichtiger Schritt, um diese Belastungen abzudämpfen. Damit die Preise für Strom und Gas sinken, spannt die Bundesregierung zudem einen Abwehrschirm in Höhe von 200 Milliarden Euro. Er dient unter anderem zur Finanzierung einer Gaspreisbremse und soll dazu beitragen, dass Haushalte und Industrie die angespannte Situation bewältigen können. Wie Sie sicherlich mitbekommen haben, hat die unabhängige Expertenkommission Gas und Wärme, welche die Bundesregierung zur Beratung über die Ausgestaltung dieses Abwehrschirms eingesetzt hat, jüngst ihren ersten Zwischenbericht vorgestellt. Die Expertinnen und Experten schlagen darin für Privathaushalte unter anderem Hilfen bei der Abschlagszahlung für Dezember sowie ab März 2023 eine Deckelung des Gaspreises auf einen Grundbedarf vor. Dieser Zwischenbericht bildet die Grundlage, mit der sich die Bundesregierung und der Deutsche Bundestag nun sehr zügig über die Ausgestaltung der Maßnahmen verständigen werden.
        
Ich weiß aber ebenso gut um die Belastungen, die auch für Besitzerinnen und Besitzer von Ölheizungen in diesem Jahr entstehen können. Gerade in meinem nordhessischen Wahlkreis betrifft dies eine Vielzahl von Haushalten. Auch wenn Steigerungen um das Vielfache hier die Ausnahme sind (die durchschnittliche Preissteigerung auf Heizöl im Vergleich zum Vorjahr beträgt aktuell 114 Prozent), sollen diejenigen, die mit Öl oder auch mit Holzpellets heizen, nicht alleingelassen werden. Deshalb werden wir als SPD-Bundestagsfraktion auch diese Gruppe im parlamentarischen Verfahren in den Blick nehmen, um hier Härten abfedern zu können. Denn auch für diejenigen, die nicht in den Maßnahmen für erdgasbasierte Wärmebelastungen eingeschlossen sind, zeigt der Bericht der Kommission Möglichkeiten für Entlastungen auf – etwa durch die Einrichtungen eines Härtefallfonds oder ähnlicher Instrumente. Dies sehen wir als Grundlage, um auch dieser Gruppe finanziell unter die Arme zu greifen.
        
Ich hoffe sehr, dass wir mit den bereits beschlossenen Maßnahmen und weiteren Unterstützungsmitteln diese Krise gemeinsam und solidarisch überwinden werden.

Mit freundlichen Grüßen
Michael Roth 

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