Wann werden Börsenspekulationen endlich verboten und warum muss ich mit meinen Steuern die Verluste von Spekulanten mitfinanzieren?
Mein Nachbar hat sich dieses Jahr 2 (!!) neue Ferraris bestellt. Er spekuliert, wie er mir sagte, mit KO-Optionsscheinen und Hebel 100. Dabei „erzockt“ er sich Gewinne in Millionenhöhe. Gleichzeitig häuft er auch Verluste in Millionenhöhe an. Warum werden seine Verluste aus diesen Termingeschäften nicht auf 20 TEU im Jahr begrenzt, wie im §20, Satz 5 und 6 für Termingeschäfte geregelt. Warum sind Produkte wie Optionsscheine und Zertifikate von der Verlustverrechnungsbeschränkung ausgenommen. Ich kann nachts nicht mehr schlafen, weil mein Nachbar so viel Geld erzockt und ich noch mit meinen Steuern (ich arbeite in der Altenpflege) seine Verluste mittragen soll. Wann ändern Sie diese soziale Ungerechtigkeit. Ich denke, die Sozialdemokraten stehen für soziale Gerechtigkeit! Gerechtigkeit ist aber nicht, wenn ich für die Verluste mit KO-Scheinen für meinen Nachbarn aufkommen muss!
Lieber Herr K.,
Vielen Dank für Ihre Frage. Ich verstehe Ihren Unmut und gehe im Folgenden gerne auf Ihre Punkte ein.
Bei den von Ihnen genannten Optionsscheinen handelt es sich um strukturierte Wertpapiere, die generell als sehr riskante Anlagen gelten und nur für erfahrene oder professionelle Anleger geeignet sind. Wie Sie bereits schilderten, können strukturierte Wertpapiere mit großem Hebel eine hohe Rendite ermöglichen, aber auch zu sehr hohen Verlusten bis hin zum Komplettverlust führen. Daher gelten Sie als sehr riskant und dienen definitiv nicht für eine sichere Altersvorsorge. Was ihr Nachbar betreibt, scheint in seinem Fall für ihn gut zu funktionieren, ist aber wirklich hochriskant.
In Deutschland müssen Gewinne (Kapitalerträge) mit der Kapitalertragssteuer abzüglich eines Freibetrags besteuert werden. Der Freibetrag dient vor allem dazu, Kleinanleger zu fördern und die Steuerlast für sie zu mindern. Da jedoch nicht jede Kapitalanlage zu einem Gewinn führen kann, gibt es sogenannte Verlustverrechnungskreise, bei denen erzielte Gewinne mit erzielten Verlusten verrechnet werden können. Es gibt dabei unterschiedliche Verlustverrechnungskreise und nicht jeder Verlust kann mit jedem Gewinn verrechnet werden. Verluste trägt jeder Anlegende selbstverständlich vollständig. Der Zwecke eines Verlustverrechnungskreises ist es, dass Anleger nicht nur die kompletten Verluste tragen und Gewinne versteuern müssen, sondern sich ihre Steuerlast auf Gewinne um einen jeweiligen Anteil von Verlusten mindert. Dabei müssen verschiedene Regeln beachtet werden: nicht jeder Gewinn kann mit jedem Verlust verrechnet werden, das Jahr ist entscheidend und es gibt zum Teil auch Grenzen, wie die von Ihnen angesprochen 20.000 Euro.
Für die SPD ist das aktuelle Verfahren für die Besteuerung von Kapitalerträgen auch nicht zufriedenstellend. Wir stellen uns klar dagegen, dass der Arbeitslohn zum Teil höher als Erträge aus Kapitalanlagen besteuert wird. Wir befürworten eine Besteuerung mit dem individuellen Lohnsteuersatz und sind für eine weitere Beschränkung der Verlustverrechnungskreise, was innerhalb der Ampelkoalition leider noch keine Mehrheit findet.
Ich hoffe Ihnen mit dieser Information weitergeholfen zu haben.
Herzliche Grüße
Michael Roth