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Michael Roth
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Frage von Stefan R. •

Trifft es gemäß Ihrer Sicht zu, dass Waffenlieferungen ein legales Angriffsziel für Russland sind und dass Deutschland durch die Ausbildung ukrainischer Soldaten völkerrechtlich zur Kriegspartei wird?

Sehr geehrter Herr Roth,

trifft es gemäß Ihrer Sicht zu, dass Deutschland durch die Ausbildung ukrainischer Soldaten völkerrechtlich zur Kriegspartei wird?
https://www.n-tv.de/politik/Neues-Gutachten-Ist-die-Ausbildung-ukrainischer-Soldaten-in-Deutschland-eine-Kriegsbeteiligung-article23302046.html

Stimmt es, dass die Waffenlieferungen nach internationalem Recht ein legales Angriffsziel sind, wie Russlands Außenminister Lawrow es seit dem 26. April behauptet?

Warum wird argumentiert, ein Ende östlicher NATO-Ausweitung sei Russland nie versprochen worden, obwohl die Protokolle zahlreicher Garantien gegenüber der sowjetischen Führung (von Baker, Bush, Genscher, Kohl, Mitterand u.v.m.) dokumentiert sind,
https://nsarchive.gwu.edu/briefing-book/russia-programs/2017-12-12/nato-expansion-what-gorbachev-heard-western-leaders-early

und diese Zusagen offenbar gebrochen wurden?
https://www.pressenza.com/2022/02/the-role-of-nato-europe-and-the-invisible-people-in-the-conflict-in-ukraine/

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Sehr geehrter Herr R.,

für Ihre Fragen vom 6. Mai 2022 zur völkerrechtlichen Einordnung von Waffenlieferungen an die Ukraine und zu einer möglichen Kriegsbeteiligung Deutschlands danke ich Ihnen und nehme gerne Stellung hierzu.

Die Sorge, dass Waffenlieferungen dazu führen könnten, dass Deutschland zur Kriegspartei wird, halte ich für unbegründet. Völkerrechtlich ist die Sache klar: Die Ukraine ist von Russland angegriffen worden und hat das Recht, sich zu verteidigen. Andere Staaten wie Deutschland haben dann das Recht – und aus meiner Sicht auch die moralische Pflicht – die Ukraine bei der Selbstverteidigung gegenüber dem Aggressor Russland zu unterstützen – humanitär, finanziell, aber auch militärisch. Deutschland würde völkerrechtlich erst dann zur Kriegspartei werden, wenn eine von der Nato überwachte Flugverbotszone eingerichtet würde oder deutsche Soldatinnen und Soldaten auf ukrainischem Staatsgebiet eingesetzt würden. Das will niemand. Aber Waffenlieferungen oder eine Ausbildung ukrainischer Soldatinnen und Soldaten auf Nato-Gebiet machen uns nicht zur Kriegspartei – das ist auch die Auffassung der Bundesregierung.

Das Recht auf freie Bündniswahl, auf das Bundeskanzler Scholz zurecht mehrfach verwiesen hat, unterstütze auch ich aus voller Überzeugung. Souveräne Staaten müssen frei entscheiden können, wie sie sich orientieren und welchem Bündnis sie sich anschließen wollen. Darüber wird weder in Moskau, Washington oder Berlin entschieden. Diesem Prinzip hatte Präsident Putin übrigens vor Jahren längst zugestimmt. Wiederholt hat er jedoch mit dem Krieg gegen Georgien 2008, der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim 2014 und dem jüngsten Angriffskrieg auf die Ukraine gezeigt, dass er ausschließlich eigene Machtinteressen brutalstmöglich verfolgt. Internationale Vereinbarungen und Verträge, wie beispielsweise das Budapester Memorandum von 1994 oder die NATO-Russland-Grundakte von 1997, gelten ihm ebenso wenig etwas wie das Völkerrecht. 

Mit freundlichen Grüßen

Michael Roth

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