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Michael Roth
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Frage von Patrik B. •

Sehr geehrter Herr Roth,fällt die deutsche Punktzielmunition nicht ebenso unter den Oberbegriff Streumunition?

Wurde mit der Umwidmung von Streumunition zu Punktzielmunition nicht bewusst die Ausnahme geschaffen um die Zustimmung zum Verbot von Streumunition zu umgehen und um weiterhin über diese Waffen verfügen und ggf. diese auch einsetzen zu können?Sie kritisieren zurecht den Einsatz dieser Munition durch Russland ,aber ist der Verweis darauf den Sie in einer Antwort zu dem Thema geben nicht ein klassischer What aboutism?MfG Patrik B.

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Sehr geehrter Herr B.,

für Ihre Frage zur Einordnung des Einsatzes von Streumunition danke ich Ihnen und nehme gerne dazu Stellung.

Das Oslo-Übereinkommen, das am 1. August 2010 in Kraft getreten ist, verbietet Streumunition und enthält Vorgaben zur Zerstörung von vorhandenen Beständen, zur Räumung von mit Streumunition belasteten Flächen, zur Unterstützung der Opfer von Streumunition und zur jährlichen Berichterstattung. Gegenwärtig gehören dem Übereinkommen 110 Vertragsparteien an - darunter auch Deutschland. Als Vertragspartei hat Deutschland die Vernichtung der eigenen Lagerbestände bereits Ende 2015 vollständig abgeschlossen. Insofern verfügt Deutschland über keine Bestände an Streumunition und wird auch keine neuen beschaffen, um diese an andere Staaten weiterzugeben. Zudem wirbt die Bundesregierung auf internationaler Ebene seit vielen Jahren dafür, dass weitere Staaten dem Oslo-Übereinkommen beitreten.

Der Begriff Streumunition bezeichnet konventionelle Munition, die kleinere Sprengkörper mit jeweils weniger als 20 Kilogramm Gewicht verstreut oder freigibt. Nach meiner Kenntnis fällt die deutsche Punktzielmunition - Sie spielen vermutlich auf Munition des Typs SMArt 155 an - nicht unter den Begriff Streumunition. Deshalb kann ich auch keine Umgehung des Verbots durch die Bundesregierung erkennen.

Während Deutschland Vertragspartei ist, haben u.a. weder die USA noch die Ukraine und Russland das Oslo-Übereinkommen unterzeichnet und ratifiziert, d.h. es ist für sie auch völkerrechtlich nicht bindend. Deshalb ist es richtig, dass der Einsatz von Streumunition zwar von sehr vielen Staaten völkerrechtlich geächtet wird, aber eben nicht von allen. Insofern ist die souveräne Entscheidung der US-Regierung, jetzt Streumunition an die Ukraine liefern, aus rein völkerrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

Meine rote Linie ist und bleibt das Völkerrecht. US-Präsident Biden hat in seiner Begründung selbst auf die schwierige Abwägung zwischen der militärischen Notwendigkeit und dem Schutz der Zivilbevölkerung verwiesen. Ich nehme zur Kenntnis, dass die ukrainische Regierung - im Unterschied zu Russland - zugesichert hat, Streumunition nicht gegen die Zivilbevölkerung, sondern ausschließlich gegen militärische Ziele einzusetzen. Auch ich hätte mir gewünscht, dass der Einsatz von Streumunition militärisch nicht notwendig geworden wäre. Deshalb werbe ich ja auch dafür, dass die westlichen Verbündeten die Ukraine noch stärker als bisher mit ausreichend Nachschub an Munition unterstützen, damit der Einsatz von Streumunition auf ein Minimum begrenzt werden kann.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Roth

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