Ist Ihnen das Phänomen der Eltern-Kind-Entfremdung in Trennungsfamilien bekannt? Was unternehmen Sie als mein Bundestagsabgeordneter, um die Kinder vor diesem Strafbestand (EGMR 23641/17) zu schützen?
Ich bin Soziologin und arbeite seit 2016 als Elterncoach mit Trennungsfamilien. Von dem Strafbestand sind ca. 30.000 bis 60.000 Kinder jährlich (je nach Quelle) betroffen. Bisher habe ich allerdings den Eindruck, dass die Politik sich der Problematik der Eltern-Kind-Entfremdung in Trennungsfamilien überhaupt nicht bewusst ist, obwohl es sich um Menschenrechtsverletzungen handelt, wie auch der europäische Gerichtshof für Menschenrechte mehrfach bestätigte. Auch international hat man sich auf das Basis von mittlerweile über 1.300 Studien und Forschungsergebnissen schon in vielen Ländern darauf verständigt, gegen Eltern-Kind-Entfremdung vorzugehen und Kinder entsprechend zu schützen.
Was unternehmen Sie dagegen?
Sollte Ihnen der Sachverhalt bisher nicht bekannt sein, stehe ich Ihnen gern für fachlichen Austausch zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Anna P., M.A.
Sehr geehrte Frau P.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht zur Eltern-Kind-Entfremdung. Ich habe zu Ihrer Anfrage Rücksprache mit den zuständigen Fachkolleginnen und -kollegen gehalten. Bei der Eltern-Kind-Entfremdung in Trennungsfamilien handelt es sich um ein hochaktuelles Thema, das gegenwärtig in den entsprechenden Arbeitsgruppen intensiv diskutiert und bearbeitet wird. Sobald hier erkennbare Ergebnisse vorliegen, teile ich diese gerne mit Ihnen.
Bis dahin möchte ich Sie auf den geltenden Koalitionsvertrag verwiesen, in dem sich die Ampel-Koalition ausdrücklich zur Verankerung von Kinder- und Jugendrechten im Grundgesetz (in Orientierung an den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention) bekennt. Weiterhin wollen wir Prävention und Kinderschutz stärken, indem wir für eine kindersensible Justiz Sorge tragen und die Entwicklung von Schutzkonzepten unterstützen. Eine verbesserte Konfliktberatung in Trennungsfamilien ist ebenfalls explizierter Inhalt unseres Koalitionsvertrages.
In der Hoffnung, Ihnen baldig konkretere Informationen zu Ihrem Anliegen mitteilen zu können, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen nach Bad Sooden-Allendorf.
Ihr Michael Roth