Finden Sie, dass Heiko Maaß bei der Einschätzung der aktuellen Situation einen guten Job gemacht hat?
Sehr geehrter Herr Krämer,
für Ihre Nachricht zur politischen Bewertung des Afghanistan-Einsatzes danke ich Ihnen. Die Entwicklungen der vergangenen Tage sind bitter und werden langfristige Folgen für die Region und auch für uns haben. Es gibt nichts zu beschönigen: Wir alle – die Bundesregierung, die Nachrichtendienste und die internationale Gemeinschaft – haben die Lage falsch eingeschätzt. Unsere Annahmen über die Fähigkeiten und die Bereitschaft zum Widerstand der afghanischen Sicherheitskräfte gegen die Taliban waren zu optimistisch. Die Taliban haben in kürzester Zeit das Land und die Hauptstadt Kabul unter ihre Kontrolle gebracht. Die afghanischen Sicherheitskräfte wollten und konnten dem wenig entgegensetzen, der Staatspräsident ist aus dem Land geflohen. In diesem Zusammenhang verweise ich auch auf die öffentlichen Statements von Bundeskanzlerin Merkel, Bundesverteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer und Bundesaußenminister Maas.
Jetzt kommt es darauf an, möglichst vielen Menschen, die in Afghanistan um ihr Leben bangen, eine rasche und sichere Ausreise zu ermöglichen. Ich kann Ihnen versichern, dass daran aktuell im Auswärtigen Amt Tag und Nacht gearbeitet wird.
Heute ist es zu früh, um eine abschließende Beurteilung des Afghanistan-Einsatzes vorzunehmen. Ich habe den Militäreinsatz für richtig gehalten, weil es ohne militärischen Schutz keine Sicherheit und keinen Aufbau geben kann. Fast zwei Jahrzehnte haben viele intensiv daran gearbeitet, das Leben der Menschen in Afghanistan zu verbessern. Das droht jetzt alles wieder zunichte gemacht zu werden. Das ist eine furchtbare Tragödie.
Bei der Komplexität und langen Geschichte des Engagements geht es jetzt darum, die Geschehnisse und die Ereignisse angemessen aufzuarbeiten. Ich erinnere aber auch daran, dass wir uns immer wieder kritisch mit der Lage in Afghanistan befasst haben. Ich verweise nur auf die ausführlichen Berichte der Bundesregierung über die Lage in Afghanistan, die auch Grundlage von öffentlichen und parlamentarischen Debatten waren.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Roth