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Michael Roth
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Frage von Marion W. •

Asyl für russische Wehrpflichtige - warum kein Asyl für die Russen, die seit Beginn des Krieges aus Protest Russland verlassen haben?

Sehr geehrter Herr Roth,
sie unterstützen ein Asylrecht für russische Kriegsdienstverweigerer, die jetzt in Scharen aus Russland fliehen. Man sollte aber bedenken, dass diese jungen Männer nicht zwangsläufig in Opposition zu Putins Regime waren, im besten Fall haben sie zugesehen, es ist aber nicht auszuschließen, dass sie die "militärische Spezialoperation gegen die ukrainischen Faschisten" bisher unterstützt haben. Jetzt, wo ihr eigenes Leben bedroht sein könnte, machen sie sich davon. Andererseits haben viele Russen seit Beginn des Krieges das Land verlassen, weil sie keine Chance sahen, ihre Meinung zu äußern ohne sofort verhaftet zu werden und ins Gefängnis zu kommen und auch, weil sie in einem solchen totalitären Land nicht mehr leben wollten. Sie haben ein gesichertes Leben zurückgelassen und versuchen nun, in Georgien, der Türkei, Belarus etc. zu überleben. Ein Recht auf Asyl ist ihnen bisher nicht angeboten worden. Sollte man nicht darüber nachdenken, dies auch für sie zu tun?

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Sehr geehrte Frau W.,

für Ihre Frage danke ich Ihnen und nehme gerne dazu Stellung.

Als Internationalist und Antifaschist unterstütze ich den Freiheitskampf der Ukraine gegen Putins Faschismus. Als etwas anderes kann man die Verbrechen gegen die Menschlichkeit und die grauenhaften Menschenrechtsverletzungen Russlands in der Ukraine nicht bezeichnen.

Aber selbstverständlich ist es für mich auch ein Gebot der Humanität, denjenigen beizustehen, die Putins Diktatur nicht hinnehmen, die diesen verheerenden Vernichtungskrieg gegen die Ukraine nicht unterstützen und sich nicht als Kanonenfutter missbrauchen lassen wollen. Dass nach der Teilmobilmachung nun viele russische Männer versuchen, sich dem Kriegsdienst zu entziehen, ist ein ermutigendes Zeichen. Ebenso denke ich dabei vor allem auch an mutige Oppositionelle, Medien- und Kulturschaffende, die den Widerstand gegen Putins Herrschaft organisieren. Wer in Russland Nein zu diesem Krieg sagt und sich damit selbst in Gefahr bringt, sollte daher eine echte Chance haben, im freien Europa, vor allem in Deutschland, Aufnahme zu finden. Dafür sollte die Europäische Union als Ganzes ein Signal senden.

Jeder Antrag – sowohl bei humanitären Visa als auch beim politischen Asyl – sollte dabei weiterhin einzeln geprüft werden, auch um zu verhindern, dass Menschen aufgenommen werden, die sich im Auftrag der russischen Staatsmacht nach Europa bewegen. Ich werbe aber dennoch dafür, dass die Einzelfallprüfung rasch und unbürokratisch erfolgen sollte. Denn Russland ist inzwischen eine Diktatur, da können Mut und Zivilcourage lebensgefährlich sein. Deshalb zählt jeder Tag.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Roth

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