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Michael Roth
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Frage von Michael K. •

Frage an Michael Roth von Michael K. bezüglich Verteidigung

1.
Glauben Sie, dass man zur Wahrung unserer Freiheit, unserer Demokratie und unserer rechtsstaatlichen Ordnung auf jegliche militärische Verteidigungsmöglichkeit verzichten kann?

2.
Für wie wichtig halten Sie eine atomare Verteidigungsmöglichkeit der Nato?

3.
Wie beurteilen Sie die Einbindung der Bundesrepublik Deutschland in die Nato?

4.
Welche Bedeutung hat für sie die führende Militärmacht, die USA, innerhalb dieses Bündnisses?

5.
Sollte die Bundesrepublik Deutschland ihrer
Meinung nach aus der Nato austreten?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Krämer,

für Ihre Fragen zur Verteidigungspolitik und der Rolle der NATO danke ich Ihnen und nehme gerne dazu Stellung:

1. Glauben Sie, dass man zur Wahrung unserer Freiheit, unserer Demokratie und unserer rechtsstaatlichen Ordnung auf jegliche militärische Verteidigungsmöglichkeit verzichten kann?

Zur Prävention und Beilegung von Krisen und Konflikten setzen wir auf das Primat der Politik und die Instrumente der zivilen Konfliktbearbeitung. Deutschland hat mit seinen sozialdemokratischen Außenministern in den vergangenen Jahren erfolgreich zur Entschärfung internationaler Krisen und der Vermittlung von Frieden beigetragen. Doch es besteht weiterhin ein dringender Handlungsbedarf, den Ausbau ziviler Kapazitäten und Instrumente voranzutreiben. Nothilfe, humanitäre Hilfe, zivile Krisenprävention und Entwicklungszusammenarbeit müssen auf allen Ebenen noch enger miteinander verschränkt werden. Grundsätzlich gilt: Wir machen uns Entscheidungen über militärische Einsätze niemals leicht. Wir prüfen, streiten, entwickeln Konzepte und kommen dann im Bundestag zu gemeinsamen Entscheidungen. Das ist eine Stärke, keine Schwäche unserer deutschen Parlamentsarmee. Häufig erleben wir isolierte Debatten über militärische Maßnahmen - und das, obwohl Deutschland den gesamten außenpolitischen Instrumentenkasten zur Anwendung bringt. Unser militärisches Engagement ist stets eingebettet in einen umfassenden Gesamtansatz, bei dem politische, humanitäre und entwicklungspolitische Aktivitäten ineinandergreifen. Militärisches und ziviles Engagement sind keine Gegensätze, sondern sie bedingen einander gegenseitig.

2. Für wie wichtig halten Sie eine atomare Verteidigungsmöglichkeit der Nato?

Solange Atomwaffen ein Mittel militärischer Auseinandersetzungen sein können, besteht die Notwendigkeit zu nuklearer Abschreckung zwangsläufig fort. Die Fähigkeit der NATO zur glaubwürdigen Abschreckung und Verteidigung bewahrt letztlich die politische Handlungsfreiheit, indem sie vor militärischer Erpressung schützt. Klar ist aber auch: Unser Ziel bleibt eine Welt ohne Atomwaffen. Im Bereich der nuklearen Abrüstung setzt sich Deutschland seit vielen Jahren gegenüber den Atommächten und in internationalen Abrüstungsgremien intensiv für konkrete Fortschritte ein. Dabei wissen wir: Dieses ehrgeizige Ziel lässt sich nicht über Nacht erreichen. Nukleare Abrüstung erfordert einen langen Atem – und Vertrauen zwischen den Partnern.

3. Wie beurteilen Sie die Einbindung der Bundesrepublik Deutschland in die Nato?

Die NATO ist ein tragender Pfeiler der transatlantischen Partnerschaft, sie ist für Deutschlands und Europas Sicherheit unverzichtbar. Parallel dazu muss die EU sicherheits- und verteidigungspolitisch eigenständiger werden – nicht um die NATO zu ersetzen, sondern um sie zu ergänzen und zu stärken. Wenn wir Europäerinnen und Europäer in Frieden und Sicherheit leben wollen, müssen wir Verantwortung übernehmen und tun, was notwendig ist. Die EU-Mitgliedstaaten müssen mit einer Stimme sprechen und bei Sicherheit und Verteidigung noch enger zusammen arbeiten. Wir brauchen eigenständige Fähigkeiten insbesondere beim Krisenmanagement. Durch die Bündelung europäischer Rüstungskooperation können wir Synergien nutzen und unnötige Mehrausgaben einsparen. Unser Ziel bleibt eine europäische Armee als Teil der Friedensmacht Europa.

4. Welche Bedeutung hat für sie die führende Militärmacht, die USA, innerhalb dieses Bündnisses?

Während der Präsidentschaft von Donald Trump hat die NATO, wie die gesamten transatlantischen Beziehungen, enorm gelitten. Trump hatte die NATO mehrfach als obsolet bezeichnet. Mit dem Amtsantritt von Joe Biden verbindet sich vor allem die Hoffnung auf einen Neuanfang. In diesem Umbruch steckt für die EU auch die Chance, ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Wenn wir wollen, dass die USA unser wichtigster strategischer Partner außerhalb Europas bleiben, dann müssen wir als Europäer außenpolitisch mehr Gewicht auf die Waagschale bringen. Jede Stärkung europäischer Souveränität ist daher auch eine Investition in die transatlantische Partnerschaft.

5. Sollte die Bundesrepublik Deutschland ihrer Meinung nach aus der Nato austreten?

Nein. In einer global vernetzten Welt kann kein Land im Alleingang internationale Konflikte lösen oder sich ausreichend gegen grenzüberschreitende Bedrohungen schützen. Deutschland ist darum auf Partner und Bündnisse angewiesen, die auf gegenseitige Unterstützung und Solidarität gründen. Die NATO bleibt dabei ein zentraler Pfeiler der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik – darauf können und wollen wir nicht verzichten.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Roth

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