Frage an Michael Roth von Thorsten W. bezüglich Finanzen
1.
Wie wollen Sie bzw. Ihre Partei verhindern das Deutschland auf eine Pensionskrise (zu hohe Beamtenpensionen deren Gesamthöhe meines Wissens nach aktuell in Hessen gar nicht statistisch ausgewiesen werden) zusteuert?
2.
Wie setzen Sie oder Ihre Partei sich ein das die zwei-Klassen-Altersvorsorge zwischen den Beamten (aktuelles Versorgungsniveau ca. 68% obwohl nie eingezahlt) und den Millionen gesetzlich Rentenversicherten (Rentenniveau grob 43%) angeglichen wird?
Ich bin für Angleichung und nicht den Beamten etwas wegzunehmen...
3.
Was sagen Sie dazu das ein Österreicher (es zahlen alle ein) ein Versorgungsniveau von ca. 90% nach dem aktiven Arbeitsleben hat und über die stark besteuerten Rentenbezüge von deutschen Rentnern nur lachen kann?
Wann kommt endlich eine provisionsfreie Deutschlandrente (z.B. Anlage ETF-Indexfonds MSCI World) in die Alle (auch Unternehmer wie ich und Beamte) einzahlen? Bei aktuellen Altersvorsorgeverträgen (Rürup, etc.) gehen im Schnitt 30% der Anparbeträge in Abschlusskosten und Verwaltungskosten.
4.
Ich bin selber Unternehmer und muss leider feststellen das alle verfügbaren Altersvorsorgemechanismen (wir haben die meisten Durchführungswege in Europa und keiner ist lohnenswert) untauglich sind und nur der Versicherungslobby und -branche nützen. Diese Meinung wird im Übrigen auch von einigen Verbraucherzentralen in Deutschland geteilt.
5.
Wie möchten Sie dem Fakt entgegen steuern das die Deutschen direkt nach den Belgiern weltweit am zweitstärksten besteuert werden?
Unser Staat hat kein wirkliches Geldproblem sondern muss effizienter wirtschaften und den Bürgern ermöglichen sich einen finanziellen Puffer aufzubauen ohne das fast 50% des Lohns ihm weggenommen werden.
6.
Wie möchten Sie entgegensteuern das 20% in diesem Land in Vollzeit arbeiten und trotzdem aufstocken müssen um über die Runden zu kommen?
Ich freue mich auf Ihre Antworten
Netter Gruß und danke
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de. Gerne beantworte ich Ihre Fragen zu den verschiedenen Themen von Beamtenpensionen über Altersvorsorge, Steuergerechtigkeit und gute Arbeit.
Zu 1. Die SPD stellt sich der von Ihnen beschriebenen Pensionskrise. Um diese zu lösen, braucht es allerdings etwas Zeit. Die zukünftigen Pensionslasten betragen in Hessen insgesamt 76,1 Mrd. Euro (insgesamt für alle pensionierten und noch aktiven Beamten und alle pensionsberechtigten Angehörigen). Künftige Pensionen sind dabei mit 3,2 Prozent verzinst. Den Pensions- und Beihilferückstellungen auf der Passivseite der Bilanz steht auf der Aktivseite eine Versorgungsrücklage gegenüber, die das Land Hessen im Sinne einer generationengerechten Finanzpolitik aufbauen muss. Derzeit befinden sich rund 3 Mrd. Euro darin. Sie sollen aber jährlich um 400 Mio. aufgestockt werden, so dass sie 2022 über 5 Mrd. Euro betragen werden.
Nach den Berechnungen wird ab dem Jahr 2025 die jährliche Erhöhung der Versorgungsrücklage die jährliche Erhöhung der Pensions- und Beihilferückstellungen übersteigen. In etwa 15 Jahren können wir dann beginnen, aus dieser Rücklage auszuzahlen, um damit den Berg der Pensionslasten abzutragen. Vom Zeitraum ca. 2032 bis 2042 an sollten dann die Pensionsleistungen rückläufig sein.
Zu 2.-4. Eine lebensstandardsichernde Rente ist wichtig für die soziale Sicherheit und das Vertrauen in den Sozialstaat. Die SPD wird dafür sorgen, dass das weitere Absinken des Niveaus der gesetzlichen Rente gestoppt wird. Dabei setzt die SPD auf eine doppelte Haltelinie: Im Interesse der älteren Generation stabilisieren wir die Rente bis 2030 mindestens auf dem heutigen Niveau von 48 Prozent. Und im Interesse der Jüngeren sollen die Beiträge für die Rentenversicherung die Marke von 22 Prozent nicht überschreiten.
Starke Alterssicherungssysteme zeichnen sich durch eine leistungsfähige Kombination von gesetzlicher Rente und betrieblicher Altersversorgung aus. Neben der gesetzlichen Rente als tragender Säule wollen wir, dass möglichst viele Erwerbstätige sich durch betriebliche Altersvorsorge zusätzlich absichern können. Hierfür haben wir einen neuen Rahmen für die betriebliche Altersversorgung geschaffen, der die Ausweitung vor allem auf kleine und mittlere Unternehmen erleichtert: basierend auf tarifvertraglichen Lösungen, verbindlich und unter Beteiligung der Arbeitgeber. Sollte diese Lösung nicht ausreichen, werden wir eine gesetzliche Verpflichtung zur betrieblichen Altersversorgung schaffen.
Die „Riester-Rente“ als staatlich geförderte private Altersvorsorge hat die Erwartungen bei ihrer Einführung im Hinblick auf Spartätigkeit, Rendite und Verteilung nach wie vor nicht erfüllt. Mit der Anhebung der Grundzulage und transparenten und verständlichen Produktinformationen erleichtern wir es, die hohe staatliche Förderung in Anspruch zu nehmen, von der vor allem Geringverdienende und Kindererziehende profitieren. Wir wollen die staatlich geförderte private Altersvorsorge um ein Standardprodukt ergänzen, für das auch eine öffentlich-rechtliche Trägerschaft in Betracht kommt. Darüber hinaus sollte die Möglichkeit, zusätzliche Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen und so die Anwartschaften zu erhöhen, wieder geschaffen werden.
Zu 5. Für uns geht es um Steuergerechtigkeit. Wir wollen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit mittleren und kleinen Einkommen bei Steuern und Abgaben gezielt entlasten, u.a. durch den Wegfall des Solidaritätszuschlags ab 2020. Spitzenverdiener werden stärker zur Finanzierung von öffentlichen Aufgaben herangezogen, denn starke Schultern können mehr tragen. Der Spitzensteuersatz soll auf 45% steigen und eine Reichensteuer von zusätzlich drei Prozentpunkten ab einem zu versteuernden Einkommen von 250.000 Euro eingeführt werden.
Wir bekämpfen konsequent Steuerhinterziehung. Es kann nicht sein, dass die meisten in unserem Land ehrlich ihre Steuern für Straßen, Schulen und soziale Sicherheit zahlen, während andere ihre Steuern hinterziehen. Wir werden die Lücken im System schließen. Denn wir machen Politik für die Anständigen.
Zu 6. Wer arbeitet, soll von seinem Lohn gut leben können. Wir wollen, dass die Löhne wieder steigen und Tarifbindung wieder zum Normalfall wird. Denn mit Tarifvertrag geht es besser! Gerechte Löhne heißt auch: Frauen müssen für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn bekommen wie Männer. Und wir brauchen endlich ein gesetzliches Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit.
Junge Menschen brauchen einen festen Job mit guten Bedingungen. Darum schaffen wir die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen ab. Und auch wer seinen Job verliert, kann auf uns zählen: Unser Arbeitslosengeld für Qualifikation (ALG Q) unterstützt alle, die nach drei Monaten noch keinen neuen Job gefunden haben. Wir schaffen ein Recht auf Weiterbildung und verbessern damit die Chancen auf dem Arbeitsmarkt, damit keiner zurückgelassen wird.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Erläuterungen geholfen zu haben und
verbleibe mit herzlichen Grüßen
Ihr Michael Roth