Welche Strategie verfolgen Sie, damit in bayerischen Prüfungen keine Unterlagen mehr verwendet werden, die dem Urheberrecht von Verlagen unterliegen?
Was tun Sie konkret im Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus, um daruf hin zu wirken, dass Prüfungsunterlagen zukünftig frei von urheberrechtlich relevanten Inhalten sind?
Warum ist "frei verfügbare Unterrichtsmaterialien für alle" nicht bereits gängige Praxis?
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Frage zu urheberrechtlich relevanten Inhalten von Prüfungsunterlagen.
Bayerische Prüfungsaufgaben werden im Sinne unserer Schülerinnen und Schüler sorgfältig und mit hoher Qualität vorbereitet. Zur Aufrechterhaltung der erforderlichen Qualität von Prüfungsaufgaben ist es in einer beträchtlichen Zahl von Fächern in allen Schularten notwendig, aktuelle und authentische Texte bzw. aktuelles Bildmaterial sowie weitere Materialien zu verwenden, die in der Regel bei der Veröffentlichung über einen begrenzten Personenkreis (Teilnehmer an Prüfungen, s.u.) hinaus urheberrechtlich relevant sind. Insoweit würde ein Verzicht auf entsprechende Materialien bei der Erstellung von Prüfungsaufgaben zu einem Qualitätsverlust der Aufgaben hinsichtlich der inhaltlichen Aktualität sowie der Authentizität der kompetenzorientierten Aufgabenstellung mit konkretem Lebensweltbezug führen.
Gemäß § 60a Urheberrechtsgesetz (UrhG) gelten für zentrale Prüfungen (z. B. Abschlussprüfungen, Jahrgangsstufentests etc.) Erleichterungen beim Urheberrecht, die die Verwendung von urheberrechtlich relevanten Inhalten ohne Rechteanfrage ermöglichen, solange es um die Teilnehmer eines Jahrgangs geht. Folglich ist sichergestellt, dass bei der Durchführung der zentralen Prüfungen kein Urheberrecht verletzt wird. Die bereits in durchgeführten Prüfungen eingesetzten Aufgaben werden den Lehrkräften mit entsprechender Zugriffsberechtigung im mebis-Prüfungsarchiv zur Verfügung gestellt. Sie sind nicht öffentlich zugänglich und verletzen aus diesem Grund auch hier keine Urheberrechte.
Zum Thema Lernmittel: Nach dem Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz (vgl. dort Art. 21) wird an den öffentlichen Schulen grundsätzlich Lernmittelfreiheit nach Maßgabe dieses Gesetzes gewährt. Somit sind die Träger des Schulaufwands verpflichtet, die Schülerinnen und Schüler leihweise mit Schulbüchern zu versorgen. Ausnahmen bestehen z.B. für Formelsammlungen und Atlanten, die von den Unterhaltsverpflichteten selbst zu beschaffen sind, außer es greifen Befreiungstatbestände ein (z.B. ab dem dritten Kind oder bei Bezug von staatlichen Sozialleistungen ist eine Befreiung auf Antrag möglich). Im Übrigen sind sonstige für den Unterricht erforderliche Materialien (Hefte/Ausstattungen) von den Erziehungsberechtigen bzw. den Schülerinnen und Schülern selbst zu beschaffen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass diese Gegenstände entweder durch Verbrauch gekennzeichnet sind (z.B. Schreibgeräte) oder aber über mehrere Jahre bzw. oft ein Leben lang, ggf. auch außerschulisch, (z.B. Lektüren im Fach Deutsch) genutzt werden (z.B. auch durch Geschwister) bzw. auch an nachfolgende Schülergenerationen weiterveräußert werden können. Dementsprechend gehen diese selbsterworbenen Lernmittel – anders als die Schulbücher – in das Eigentum der Schülerinnen und Schüler bzw. Erziehungsberechtigten über.
Viele Grüße
Michael Piazolo