Frage an Michael Link von Werner M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Link,
wie stehen Sie zum so genannten Fraktions-Zwang, den es laut Grundgesetz eigentlich gar nicht geben dürfte, ohne den aber Koalitionsverträge der Oberen der Parteien ziemlich unverbindlich sein müssten?
Könnten Sie sich eine "Meuterei" der einfachen Abgeordneten vorstellen?
Mit freundlichen Grüßen
W. M., Lauffen am Neckar
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Sie erwähnen in Ihrer Nachricht das Grundgesetz, genauer gesagt Artikel 38, der das freie Mandat verfassungsrechtlich verankert. Einen „Fraktions-Zwang“ darf es also rein rechtlich schon gar nicht geben.
Worauf Sie in Ihrer Frage anspielen ist die Praxis der Fraktionsdisziplin, nach der die Fraktion in Sachfragen üblicherweise gleich abstimmt. Diesen öffentlichen Abstimmungen gehen allerdings viele – in der Öffentlichkeit nicht immer sichtbare – Sitzungen und Gespräche voraus, in denen durchaus leidenschaftlich diskutiert wird. In einer Partei teilen die Abgeordneten die gleichen Grundüberzeugungen, das heißt aber nicht zwangsläufig, dass man in konkreten Sachfragen immer der gleichen Auffassung ist. Daher ist innerfraktionell viel Diskussion notwendig, schon allein um die Vielfalt der Wähler widerzuspiegeln. Politik lebt aber vom Kompromiss und der wird auch in den allermeisten Fragen gefunden.
Die Zusammenarbeit einer Koalition über die gesamte Legislaturperiode erfordert Verlässlichkeit und Partnerschaft. Einen Koalitionsvertrag sollte man also nur dann abschließen, wenn man sicher ist, dass die Basis und die eigene Fraktion das Ergebnis unterstützen. Eine „Meuterei“ wie Sie schreiben, kann es natürlich geben, wenn Abgeordnete ihrer Vorsitzenden oder ihrem Vorsitzenden nicht mehr vertrauen. Auch dafür gibt es im Bundestag mit der Vertrauensfrage den entsprechenden Mechanismus.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Georg Link