Wie rechtfertigen Sie die drohende Überwachung Unbedarfter durch den niederschwelligen Einsatz des Staatstrojaners?
Sehr geehrter Herr Kießling,
die Neuregelung Telekommunikationsüberwachnung, der Sie zugestimmt haben, erlaubt in Zukunft den niederschwelligeren Einsatz einer fragwürdigen Technik in der Hoffnung, schwere Kriminalität zu bekämpfen.
Dabei können Maßnahmen, die besonders für Kriminelle alltäglich, für einfache Bürger aber teils unpraktikabel sind, den Staatstrojaner bereits wirkungslos machen. Diese reichen von Vorsicht beim Öffnen von E-Mails (Schutz vor Phishing) bis hin zur Nutzung von speziellen Geräten, auf denen der Staatstrojaner nicht funktioniert (https://www.youtube.com/watch?v=YKxtY2GE3hE). Umso besser wird die Software aber auf den gängigen Geräten der unbedarften Bevölkerung funktionieren, die damit Gefahr läuft, ANSTELLE gefährlicher Krimineller überwacht zu werden.
Wie rechtfertigen Sie diese Gefahr der Überwachung für die breite Bevölkerung, während abzusehen ist, dass sich Kriminelle problemlos davor schützen können?
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 05. August 2021, die mich über das Portal abgeordnetenwatch.de erreicht hat.
Das von Ihnen angesprochene Gesetz zur Modernisierung der Rechtsgrundlagen der Bundespolizei, welches auch die Regelung der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) enthielt, ist am 25. Juni 2021 am Einspruch des Bundesrat gescheitert und somit nicht im Kraft getreten. Ich finde diese Entscheidung bedauerlich, da das Gesetz insgesamt viele gute Verbesserungen für die Bundespolizei gebracht hätte.
Was die Regelung der Quellen-TKÜ betrifft, so ist diese im parlamentarischen Verfahren soweit modifiziert worden, dass sie nur noch in ganz seltenen Ausnahmefällen zur Anwendung hätte kommen können – und auch das nur in Zusammenhang mit zwei schweren Verbrechen: Menschenhandel und lebensgefährdender Schleusung. Messengerdienste hätten mit ihr nicht überwacht werden können.
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen weitergeholfen zu haben, wünsche Ihnen alles Gute und bleiben Sie bitte gesund.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Kießling, MdB