Frage an Michael Frieser von Holger H. bezüglich Wirtschaft
Hallo Herr Frieser,
Ihre Ausführungen zur Wirkung der MwSt-Senkung für Hotelübernachtungen sind für mich nicht nachvollziehbar. Sie behaupten, dass die allg. Finanzkrise die Hotels besonders belastet. Tatsache ist doch aber, dass der Konsumverzicht immer breiter werdenden Bevölkerungsschichten die Tourismusbranche schon seit wesentlich längerer Zeit beeinträchtigt, als die Krise andauert. Dadurch, dass immer mehr Menschen gezwungen sind ihren Urlaub auf Balkonien zu verbringen, ist mir rätselhaft, wie Investitionen der Hotels und Kapitalrücklagen hier die Nachfrage ankurbeln sollen. Als ob die Menschen plötzlich nicht verfügbares Geld für Hotels ausgeben würden, weil diese plötzlich ihr Mobiliar erneuern, oder eine Palme mehr am Pool zu stehen haben ...
Ist nicht Konjuktur durch hohen Konsum gekennzeichnet? Wäre es nicht sinnvoller, dafür zu sorgen, dass die Menschen die sich wenig leisten können in die Lage zu versetzen, mehr konsumieren zu können? Wodurch Nachfrage, Angebote und Investitionen ansteigen und nachhaltig zu echtem realwirtschaftlichen Wachstum führen würden?
Diesen Mechanismus kann ich hier nicht unterstützt sehen, sondern sogar im Gegenteil. Dadurch, dass Hotelübernachtungen zu einem hohen Anteil von gewerblichen Konsumenten genutzt werden, schlägt sich die verminderte Mehrwertsteuer lediglich in einem geringeren Vorsteuerabzug nieder. Der damit verbundene Anstieg der Nettopreise führt hier zu stärkeren Kostenbelastung der Unternehmen und Gewerbetreibenden, die am Ende die Preise der eigenen Produkte und Dienstleistungen erhöhen. Die Folge ist also, dass diese höheren Preise lediglich die Nachfrage vermindern und damit Konjuktur und Wachstum schwächen.
Brauche ich eher ein Volkswirt-Diplom oder ein Parteibuch um diese (für mich) reverse Logik zu verstehen? Vielleicht können Sie mich ja aufklären, wo hier mein Denkfehler ist ...
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Heyne,
vielen Dank für Ihre Anfrage, zu deren Beantwortung ich nun in der etwas ruhigeren Sommerpause komme. Von vielen Seiten wurde Kritik an der aktuellen Systematik der Mehrwertsteuersätze an uns herangetragen, wie auch Ihre Darlegungen zeigen.
Diese Kritik an der bestehenden Mehrwertsteuersystematik ist selbstverständlich sehr ernst zu nehmen. Im Koalitionsvertrag haben wir hierzu eine klare Festlegung getroffen. Dort heißt es:
„Daneben gibt es Handlungsbedarf bei den ermäßigten Mehrwertsteuersätzen. Benachteiligungen gehören auf den Prüfstand. Aus diesem Grund wollen wir eine Kommission einsetzen, die sich mit … dem Katalog der ermäßigten Mehrwertsteuersätze befasst.“
Die DEHOGA hat Ende März diesen Jahres 5.700 Hoteliers und Gastronomen befragt, wie sie den Umsatzsteuervorteil bei einer Steuersenkung von 19 % auf 7 % verwenden würden. Das Ergebnis zeigt, dass positive Wirkungen zu erwarten sind. 46,4 % des Steuervorteils würden gemäß der Befragung in Investitionsmaßnahmen fließen und wäre somit sofort wachstumsfördernd. Ein weiterer Teil des Steuervorteils (rund 20 %) würde an die Kunden weitergegeben, dadurch würde beim qualitativ hochwertigen deutschen Angebot auch die Preise attraktiver werden.
22 % des Steuervorteils würden als Qualifizierungsmaßnahme oder Lohnsteigerung den Arbeitnehmern zu Gute kommen, dadurch könnte die Branche auch in strukturschwachen Gebieten wettbewerbsfähigere Löhne zahlen. Der Vorteil ist eine verstärkte Eigenkapitalbasis. Dies ist ein gerade in Krisenzeiten nicht zu unterschätzender Vorteil. Die niedrigeren Preise sowie das durch die Investitionen in Mitarbeiter und Bauten attraktivere Angebot werden eine zusätzliche Nachfrage – auch aus dem Ausland – kreieren und somit einen Teil des Einnahmeausfalls kompensieren.
7 % Umsatzsteuer sorgen für Investitionen, steigern nachhaltig die Leistungsfähigkeit der Hotellerie und erhöhen die Nachfrage.
Klarzustellen ist auch, dass weitere Leistungen, wie z. B. des Frühstücks, werden nicht einbezogen, kaum lösbare Abgrenzungsprobleme werden damit vermieden.
Dass die Senkung der Mehrwertsteuer gut war zeigt auch die erste Nachbetrachtung: Die Angebote des Beherbergungsgewerbes haben an die veränderte Rechtslage angepasst. Darauf hat auch die DEHOGA in der öffentlichen Anhörung zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz am 30. November 2009 hingewiesen.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Frieser, MdB