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Melanie Bernstein
CDU
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Frage von Ralph R. •

Sehr geehrte Frau Bernstein, die Munitions-Altlasten aus WKII vor der Küste von S-H werden immer mehr zum Problemfall. Warum übernimmt der Bund nicht die (ererbte) Verantwortung und kümmert sich....

... um eine bindungslose Bergung und Entsorgung.
Ich nehme wahr das Thyssen-Krupp Marine Systems entsprechende Ideen entwickelt und technische Lösungen bereitstellt (vermutlich können das auch noch andere Mitbewerber auf dieser Welt - aber über TKMS findet hier im Kieler Umland entsprechend medial berichtet) - aber es fehlt auf Bundesebene offensichtlich der Wille, das Problem anzugehen. (die Frage richtet sich an Sie als Mitglied der CDU/CSU-Regierungskoalition; warum ist das Thema bisher nicht behandelt worden; nicht in der ablaufenden Legislaturperiode und in allen davor?)
Und der zweite Teil meiner Frage - was tun Sie persönlich in diesem Themenbereich oder beabsichtigen zu tun, um dieses Problem an den Stränden von S-H zu lösen.
Vielen Dank vorab für Ihre Antworten
mfG, Ralph Rösler

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Rösler,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Tatsächlich wurde am 6. Mai 2021 der gemeinsame Antrag von CDU/CSU und SPD „Verantwortungsbewusster Umgang mit Kampfmitteln in Nord- und Ostsee – Technologien der maritimen Wirtschaft nutzen“ (Drucksache 19/29283) im Deutschen Bundestag beschlossen. Unter anderem wird im Rahmen eines Pilotprojekts eine schwimmende Plattform gebaut, die Kampfmittel auf hoher See bergen und unschädlich machen kann. Initiiert wurde dieser Antrag aus den Reihen der CDU/CSU-Fraktion.

Auch die Landesregierung Schleswig-Holstein sieht dringenden Handlungsbedarf. Auf Antrag der Fraktionen CDU, Bündnis90/Die Grünen und der FDP veröffentlichte die Landesregierung SH am 10. August 2021 einen Bericht über „Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee“. Genaue Inhalte können Sie in der Drucksache 19/2861 nachlesen. Der Bericht stellt neben dem aktuellen Wissensstand auch Konzepte dar, wie „die Landesregierung einen zukunftsweisenden Umgang mit Munitionsaltlasten sicherstellt“.

Ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass wir mehr tun müssen – unser Antrag im Bundestag und der Bericht der Landesregierung sind wichtige Schritte hin zu einer nachhaltigen Lösung für den Umgang mit den gefährlichen Kriegshinterlassenschaften, aber hier dürfen wir nicht stehen bleiben. Etwa 1,6 Mio. Tonnen Altmunition und ca. 5.000 Tonnen chemische Munition liegen überwiegend in den deutschen Meeresgebieten.

Es macht aber nicht an unseren Grenzen halt, sondern ist ein weltweites Problem. Auch wenn man früher glaubte, dass die Kampfmittel sicherer unberührt am Meeresgrund liegen, weiß man heute durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse, dass sie eine Bedrohung für unsere Umwelt darstellen. Da die Metallhüllen der Kampfmittel zunehmend korrodieren, werden giftige Substanzen freigesetzt, die das gesamte Ökosystem der Nord- und Ostsee gefährden. Die unter Wasser liegenden Kampfmittel stellen jedoch auch eine Gefahr für Badegäste, Fischer und die Schifffahrt dar; zudem für den zunehmenden Ausbau von Offshore-Infrastruktur wie Windkraftanlagen.

Im August 2020 hat mein CDU-Kollege Peter Stein aus Rostock als Munitionsberichterstatter der Ostseeparlamentarierkonferenz mit einem Zwischenbericht bereits viele Vorschläge für einen nachhaltigen Umgang mit nicht explodierter Munition formuliert. Wichtig sind eine engere internationale Kooperation und eine Standardisierung von Datenbeständen. Außerdem wird die Einrichtung eines multinationalen Monitorings mit regelmäßigen Handlungsempfehlungen an die Politik angestrebt.

Für Maßnahmen des Meeresschutzes wurden aus Mitteln der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) seit dem Jahr 2017 bis heute rund 236 Mio. Euro verwendet, aus dem Programm gegen die Vermüllung der Meere in dem Jahr 2019 rund 5 Mio. Euro und damit insgesamt ca. 242 Mio. Euro aus Mitteln des BMU.

Aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) befanden bzw. befinden sich seit dem Jahr 2017 bis heute Vorhaben mit rund 462 Mio. Euro für Maßnahmen des Meeresschutzes in der Umsetzung.

Die Zuständigkeit für die Entfernung von Kampfmitteln liegt juristisch gesehen eigentlich in der Zuständigkeit des jeweiligen Bundeslandes. Es gibt jedoch den Vorschlag, mit einem freiwilligen Geberfonds langwierige juristische Verfahren über Zuständig- und Verantwortlichkeiten vorerst umgehen zu können.

Durch den Bund wurden in den letzten Jahren verschiedene Forschungsprojekte finanziert, die den technologischen Vorsprung Deutschlands auf dem Gebiet der Kampfmittelräumung vorantreiben und eine sichere Bergung der Munition erleichtern. Deutschland ist damit einmal mehr Impulsgeber und Schrittmacher auch für unsere europäischen Nachbarstaaten. Auch auf der EU-Ebene ist man sich der Verantwortung bewusst und es werden Gelder für Munitionsbergung in Aussicht gestellt.

Gerade findet übrigens die „Munition Clearance Week“ (KMCW) mit vielen Foren und Veranstaltungsformaten in Kiel statt. Diverse Experten und Politiker beraten über den aktuellen Forschungsstand, rechtliche Aspekte, internationale Zuständigkeiten und Möglichkeiten der Finanzierung der Bergung von Munitionsaltlasten aus dem Meer. Thyssen-Krupp Marine Systems ist eine der Partnerorganisationen dieser Veranstaltung.

Sie sehen, dass es ein komplexes Thema ist, woran aber kontinuierlich gearbeitet wird – eine Lösung wird aufwändig und sehr kostspielig für unseren Staat sein und kann nur durch mehr internationale Kooperation erfolgen.

Mit herzlichen Grüßen

Ihre Melanie Bernstein

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