Wie ist die Forderung der Grünen im Bundestag, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern, mit dem Beschluss der Bundesregierung vereinbar, Waffen in die Ukraine zu liefern?
"Wir fordern die zivile Krisenprävention ins Zentrum deutscher Außenpolitik zu stellen, sich engagiert für Abrüstung einzusetzen und keine Waffen in Krisenregionen zu liefern." (Website der grünen Fraktion im Bundestag,Thema: Sicherheit, Frieden, Abrüstung)
"Die Bundesregierung genehmigt Waffenexporte mit 1.000 Panzerabwehrwaffen und 500 Boden-Luft-Raketen an die Ukraine." (Die Zeit, 26. Februar 2022)
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Die Bundesregierung und die europäischen und transatlantischen Partner haben in den vergangenen Monaten bis zur letzten Minute nichts unversucht gelassen, um auf diplomatischem Wege eine friedliche Lösung für diese Russlandkrise zu finden. Auch jetzt setzen wir uns nach wie vor für eine solche ein.
Deutschland unterstützt die Ukraine seit Jahren auf allen Ebenen, vom wirtschaftlichen über den energiepolitischen bis zum verteidigungspolitischen Bereich und ist größter Geber von Hilfsgeldern. Seit 2014 hat die Bundesregierung bilaterale Hilfe im zivilen Bereich von 1,8 Milliarden Euro bereitgestellt. In den vergangenen Wochen nun stockte die Bundesregierung bereits vorhandene humanitäre Hilfe in der Ukraine nochmals massiv auf.
Auch auf diplomatischer Ebene setzen wir uns weiterhin zur Wehr. So entscheid beispielsweise der Europarat, dessen Parlamentarischer Versammlung ich angehöre, Russland wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine aus dieser Gemeinschaft auszuschließen und somit weiter zu isolieren. Kein einziger Delegierter der nunmehr 46 Mitgliedstaaten von Island bis zur Türkei stimmte gegen diesen Ausschluss.
Während der Krieg jedoch andauert muss sich die Ukraine wie jedes andere Land gegen diese mit nichts zu rechtfertigende und brutale Aggression verteidigen können. Sie hat ein laut der Charta der Vereinten Nationen verbrieftes Recht auf Selbstverteidigung. Putins Krieg gegen die Ukraine ist auch ein Angriff auf die Fundamente des internationalen Rechts, auf Frieden, Demokratie und Freiheit in Europa.
Im Budapester Memorandum hat die Ukraine 1994 auf sämtliche Atomwaffen verzichtet, die auf ihrem Gebiet stationiert waren. Auch ihren Verpflichtungen aus dem Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag ist die Ukraine immer nachgekommen. Im Gegenzug hatte sich Russland verpflichtet, die Souveränität und die Grenzen der Ukraine anzuerkennen. Schon die Annexion der Krim war ein Bruch dessen. Der jetzige Angriffskrieg Russlands verletzt die Souveränität der Ukraine erneut.
Diese aktuelle Situation erfordert sehr schwierige und verantwortungsvolle Entscheidungen. Vor diesem Hintergrund hat die Bundesregierung beschlossen, die Ukraine in ihrer Selbstverteidigung auch mit dringend benötigtem militärischem Material und Waffen zu unterstützen. Diese Entscheidung befürworte ich. Dennoch stehe ich den deutschen Rüstungsexporten der letzten Jahrzehnte wie beispielsweise an Saudi Arabien oder Ägypten sehr kritisch gegenüber. Umso richtiger erweist sich das im Koalitionsvertrag festgehaltene Vorhaben eines nationalen Gesetzes zur Kontrolle von Rüstungsexporten. Unser Ziel einer multilateralen und auf Abrüstung ausgerichteten Politik werden wir nicht aus dem Auge verlieren.
Freundliche Grüße
Max Lucks MdB