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Matthias W. Birkwald
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Frage von Daniel V. •

Frage an Matthias W. Birkwald von Daniel V. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Birkwald,

aus welchen Gründen soll ein Hartz IV-Empfänger eine Regelleistung von 500€ erhalten. Die meisten dieser Personen haben in Ihrem Leben keinerlei Leistungen erbracht. Diese treten aber so was frech der Behörde gegenüber als hätten sie ihr Leben lang gearbeitet. Ich rede nicht von Menschen, die wirklich gearbeitet haben und aufgrund von Alter oder Behinderung dies nicht mehr können. Es geht hierbei um junge Menschen, die nicht arbeiten wollen und dies bezahlt bekommen sowie um Menschen, die aus anderen Ländern nach Deutschland kommen und keinerlei Beitrag für unser Land leisten oder geleistet haben.

Diese Personen, die nichts leisten, werden von den Ämtern wie rohe Eier behandelt, d.h. Sanktionen werden kaum oder gar nicht mehr eingesetzt. Wie sehen Sie das Problem, dass "Kunden" Konten nicht oder nicht vollständig vorlegen, aber sich dann trotzdem mittellos erklären und dann einen Vorschuss erhalten. Es werden dann meist Drohungen ausgesprochen und mit Konsequenzen gedroht. Mitwirkungspflichten sind sinnvoll und müssen eingehalten werde. In anderen Verfahren muss der Bürger auch alles offen legen. Ansonsten bekommt er nichts!

Ein Kunde, der sich in einem Geschäft, Ihr Beispiel die Bäckerei, nicht ordnungsgemäß aufführt, wird die verlassen müssen. Nun wird dieser Kunde eine andere Bäckerei aufsuchen. Im Bereich des SGB II geht dies nicht, der Sachbearbeiter muss mit diesem Menschen arbeiten. Er kann sich nicht davonstehlen. Wie sehen Sie dieses Betragen der Kunden am Beispiel der Todesschüsse am Jobcenter in Frankfurt und am Amtsgericht in Dachau? Muss sich der Sachbearbeiter alles gefallen lassen?

Den Fallmanager selbst aussuchen schlägt aber dem Fass den Boden aus. Wie soll dies geschehen? Soll der " Kunde" sich die Person nach Geschlecht, Alter, Aussehen oder sonst etwas aussuchen? Sollen die Sachbearbeiter sich in eine Schlange stellen oder der Kunde sagt nur noch "der oder die da".

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Velte,

auch wenn wir offensichtlich sehr unterschiedlicher Auffassung sind, was die Solidarität mit Menschen anbelangt, die von Hartz IV leben müssen, danke ich Ihnen für Ihre Frage.

Ihre Ausführungen zum Fehlverhalten einiger weniger Hartz IV-Beziehender, egal ob aus Deutschland oder einem anderen Land dieser Erde, teile ich in ihrer starken Verallgemeinerung nicht und weise sie im Gegenteil zurück. Sicher gibt es auch unter Hartz IV-Berechtigten „schwarze Schafe“, das bestreite ich nicht. Aber dies ist eine verschwindend kleine Minderheit der Betroffenen, je nach Studien zwischen unter einem Prozent und knapp zehn Prozent. Vergleichen Sie diese Werte mal mit denen bei Steuerhinterziehung. Die ganz große überwiegende Mehrheit der von Hartz IV betroffenen Menschen lebt in Armut und hat einen voll und ganz berechtigten Anspruch auf Unterstützung, wird aber stattdessen ohne Unterlass von Staats wegen drangsaliert. Auf Hartz IV Angewiesene leben am Rande des Existenzminimums oder darunter. Keiner dieser Menschen wird bei den Ämtern - wie Sie es nennen - wie ein rohes Ei behandelt. Im Gegenteil: Die Leistungsberechtigten müssen beim Amt um jede Leistung betteln und kämpfen. Das ist entwürdigend. Ihnen werden sinnlose Fortbildungsmaßnahmen aufgedrückt, die vom Nutzen her in keiner Weise durchdacht sind. Was soll z.B. ein LKW-Fahrer mit einem Computerkurs für Anfänger, wenn abzusehen ist, dass dieser niemals in einem Büro arbeiten wird? Und genau das alles will DIE LINKE abschaffen! Zu Recht! Hartz IV-Betroffene haben wie alle anderen Menschen auch ein Grundrecht auf eine menschenwürdige Behandlung.

Und natürlich muss es einem Menschen doch gestattet sein, eine Sachbearbeiterin oder einen Sachbearbeiter abwählen zu können, wenn diese oder dieser den oder die Bedürftige nachweislich drangsaliert. Und entgegen Ihrer Auffassung können die JobCenter sehr wohl einen Betroffenen einem anderen Fallmanager zuweisen, wenn die Zusammenarbeit überhaupt nicht funktioniert. Allerdings läuft das nur in die eine Richtung. Wenn ein/e Betroffene/r sich ungerecht und/oder schlecht behandelt fühlt, kann er oder sie einen solchen Wechsel nicht erbitten. Und das ist nicht gerecht!

Meine Fraktion und ich werden weiterhin dafür kämpfen, dass die Armut per Gesetz und die mit Hartz IV verbundenen Ungerechtigkeiten abgeschafft und durch eine repressions- und sanktionsfreie soziale Mindestsicherung ersetzt werden! Dazu haben wir bereits vor einiger Zeit den Antrag „Weg mit Hartz IV - Für gute Arbeit und eine sanktionsfreie, bedarfsdeckende Mindestsicherung“ (17/659) in den Deutschen Bundestag eingebracht, den ich Ihnen anliegend beifüge.

Bitte bedenken Sie: In Zeiten von 25 Prozent Jobs im Niedriglohnbereich und immer mehr befristeten Beschäftigungsverhältnissen, in Zeiten ohne Arbeitslosenhilfe und nur kurzen Ansprüchen auf Arbeitslosengeld I ist die Gefahr, in Hartz IV abzurutschen für alle Beschäftigten leider sehr groß. Es kann also fast jeden oder jede treffen. Auch ein Grund, Hartz IV endlich abzuschaffen.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias W. Birkwald, MdB

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