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Matthias Mieves
SPD
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Frage von Volker U. •

Was unternehmen Sie aktiv, um den permanenten Kerosinablaß durch militärische und zivile Flugzeuge über der Pfalz zumindest zu reduzieren?

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,

bekanntlich wurden gemäß Berichterstattung der "Rheinpfalz" vom 27.6.2024 erneut 50 to Kerosin über der Pfalz und dem Saarland abgelassen. Das Bundesumweltamt empfiehlt in seinem Simulationsmodell von 2019 dieses permanente sogenannte Fuel Dumping aus Sicherheitsgründen auch auf andere Regionen zu verteilen.
Leider geschieht dies bisher nicht. Weder auf Bundes- noch Landespolitikebene entwickelt man dazu
Aktivitäten.
Diese Passivität der poltischen Entscheidungsträger dazu halte ich gegenüber den betroffenen Bürgern für respektlos.
Ich bitte sie deshalb sehr herzlich für Abhilfe zu sorgen.
Vielen Dank für Ihre Bemühungen dazu.

Mit freundlichen Grüßen

Volker U.

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Sehr geehrter Herr U.,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Treibstoffschnellablass (TSA) mit Verweis auf den Kerosinablass Ende Juni 2024 über der Westpfalz. Ich kann die Verunsicherung gut verstehen – alleine die Vorstellung, dass im Luftraum über der eigenen Heimat mehrere Tonnen Flugzeugtreibstoff abgelassen werden, ist beklemmend. 

Deshalb stehe ich auch seit Jahren in engem Austausch mit dem Verkehrs- und Verteidigungsministerium, um mich über die TSA-Vorfälle über der Westpfalz zu informieren und mich für eine Reduzierung solcher Vorfälle ebenso wie für eine Entlastung der Bevölkerung von Fluglärmspitzen einzusetzen. 

Bevor ich auf wichtige Einzelaspekte beim TSA eingehe, möchte ich kurz erläutern, was TSA eigentlich ist und wann er notwendig ist:

Flugzeuge müssen, um landen zu können, ein deutlich geringeres Gewicht haben als beim Start. Im Normalfall verlieren sie das notwendige Gewicht während des planmäßigen Fluges, indem sie Treibstoff verbrennen. Im Flugverkehr – egal, ob zivil oder militärisch – kann es in sehr seltenen Fällen schon kurz nach dem Start zu Notsituationen kommen, die das Flugzeug zur Umkehr oder zu Landung auf einem anderen, nächstgelegenen Flughafen zwingen. Um die Landung durchführen zu können, muss vorher zwingend der überzählige Treibstoff abgelassen werden. Das passiert über Hochleistungsdüsen, die das Kerosin in großer Höhe als feinen Tröpfchennebel nach außen bringen. 

Im Falle einer solchen Notsituation nimmt der verantwortliche Flugkapitän direkt mit dem zuständigen Fluglotsen des Zielflughafens und der Deutschen Flugsicherung Kontakt auf. Gemeinsam muss für den individuellen Fall, den individuellen Standort und die Beachtung des sonstigen Flugverkehres geschaut werden, wo der TSA mit größtmöglicher Sicherheit vollzogen werden kann. Es gibt daher KEINE festen Lufträume, die für solche Vorgänge bestimmt sind. 

Seit dem 1. Januar 2018 werden alle TSA im deutschen Luftraum vom Luftfahrt-Bundesamt veröffentlicht. Stand heute waren das seit 2018 bundesweit 152 Fälle, davon 41 über dem Bundesland Rheinland-Pfalz. Die aktuellen Zahlen: Im Jahr 2023 waren es drei Fälle über RLP, in diesem Jahr ist der TSA im Juni der zweite. Die Gesamtübersicht finden Sie auf der Seite vom Luftfahrt-Bundesamt: 

https://www.lba.de/DE/Treibstoffschnellablass/Treibstoffschnellablass_node.html

Der Flughafen in Frankfurt am Main und auch die militärischen Flughäfen in der Region gehören zu den Faktoren, warum RLP in der Summe häufiger betroffen ist als andere Bundesländer. Wobei man sagen muss, dass bei einigen der 41 genannten Fällen RLP-Gebiet nicht alleine betroffen war, sondern ebenso Teile von Hessen oder NRW.

Nun zu zwei weiteren wichtigen Aspekten: 

  1. Ist TSA schädlich für Mensch und Umwelt? Das Umweltbundesamt hat dazu 2019 eine umfassende Studie vorgelegt, welche die Risiken als unkritisch einschätzt. Durch die Flughöhe beim Ablass und die damit verbundene Verdunstung des Kerosin-Tröpfchennebels kommen keine grenzwertüberschreitenden Mengen am Boden an. https://www.umweltbundesamt.de/themen/keine-kritischen-umweltbelastungen-durch

Dennoch ist es meiner Auffassung nach falsch, TSA grundsätzlich für unbedenklich zu halten. Deshalb stehe ich auch wie anfänglich beschrieben im Austausch mit dem Verkehrs- und Verteidigungsministerium.

  1. Warum sorgt die Politik nicht dafür, dass die TSA „gerechter“ verteilt werden? Ich vertraue der Expertise und dem Verantwortungsbewusstsein der Beteiligten in einer Notsituation, insbesondere der Deutschen Luftsicherung. Es ist keine politische Entscheidung, wo Kerosin abgelassen wird, sondern in der akuten Lage eine Sicherheitsentscheidung. Dennoch setze ich mich dafür ein, dass die Luftsicherung bei ihren Einzelfallentscheidungen noch stärker punktuelle regionale Belastungen berücksichtigt. Ich kann nicht beurteilen, ob bei dem aktuellen TSA auch ein Ausweichen z. B. auf das Saarland oder Frankreich möglich gewesen wäre. Aber ich werbe in den zuständigen Ministerien dafür, dass – wenn möglich – mehr Rücksicht auf Regionen wie die Westpfalz genommen wird, die aufgrund mehrerer Faktoren vom starken Luftverkehr besonders betroffen ist.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Mieves

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