Taurus an die Ukraine
Guten Tag Herr Mieves, die Ukraine darf nicht verlieren sagt unser Kanzler, wann werden wir mehr Waffen z.B. auch Taurus liefern?
Sehr geehrter Herr K.
herzlichen Dank für Ihre Frage.
Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hat die Deutschland der Ukraine bereits Hilfen im Gesamtwert von knapp 28 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt - als humanitäre Unterstützung, als direkte Zahlungen oder in Form von Waffen.
Dabei sind Unterstützungsleistungen, die Deutschland der Ukraine über EU-Programme gibt, noch nicht mit eingerechnet. Damit ist Deutschland für die Ukraine weltweit der größte Geber nach den USA. Deutschlands Haltung ist klar: Wir werden die Ukraine so lange wie nötig unterstützen.
Bei der Unterstützung mit Waffen gelten für Deutschland folgende Prioritäten:
1. Artillerie
2. Gepanzerte Fahrzeuge (inkl. Kampfpanzer und Schützenpanzer),
3. Luftverteidigung (hier anzuführen IRIS-T-SLM, Gepard und das Waffensystem PATRIOT),
4. Die dauerhafte Lieferung von jeweiliger Munition.
Es geht uns zudem nicht nur um die aktuelle Unterstützung des angegriffenen Landes, sondern auch um den langfristigen Fähigkeitsaufbau künftiger ukrainischer Streitkräfte.
Auch dazu will Deutschland substanziell beitragen. Deutschland übernimmt dabei zusammen mit Frankreich die Führung um die Fähigkeitskoalition Bodengestützte Luftverteidigung (Capability Coalition Ground Based Air Defence) aufzubauen.
Zu der Frage, ob und ggf. wann Taurus Marschflugkörper an die Ukraine geliefert werden, kann die Bundesregierung nicht so „einfach“ entscheiden wie beispielsweise über reine Deffensivwaffensysteme. Der Taurus wird primär in der Offensive eingesetzt und hätte von der Ukraine aus gesehen Reichweiten bis tief nach Russland hinein.
Der Taurus ist hochwirksame Waffe, die aufgrund der hohen Reichweite auch Russland weit hinter den Grenzen zur Ukraine hin angreifen könnte. Das ist sehr, sehr heikel und könnte Deutschland in den Bereich direkter Kriegsbeteiligung bringen, was wir nicht wollen. Es gilt zudem weiterhin, dass Deutschland sich eng mit seine Verbündeten über Lieferungen von Waffensystemen abstimmt.
Unabhängig von diesen Überlegungen gibt es technische Zweifel, ob eine Systemintegration in Ex-sowjetische-Kampfflugzeuge überhaupt möglich wäre. Das ist noch nie getestet worden und wäre egal wie sehr anspruchsvoll.
Nach Einschätzung meiner verteidigungspolitischen Kollegen ist der Taurus zwar sehr stark und gefährlich, aber keine Wunderwaffe, kein „game-changer“. Wir sollten die Erwartungen an die Wirksamkeit dieses Systems herunterschrauben.
Ich persönlich bin Olaf Scholz wie schon in der Vergangenheit bei den Lieferungen anderer schwerer Waffen sehr dankbar, dass er all das abwägt und keine vorschnellen Entscheidungen trifft.
Herzliche Grüße
Matthias Mieves