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Matthias Gastel
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Felix S. •

Frage an Matthias Gastel von Felix S. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Gastel!
Ich war sehr erfreut als die Bundesregierung den Nulltarif im ÖPNV in die Diskussion gebracht hat. Denn wenn die E-Autos kommen wird Autofahren so günstig, dass der ÖPNV mit Fahrpreisen kollabieren wird. Der VDV nennt 12 Mrd. Euro, die die Verkehrsbetriebe durch Fahrkarten verdienen. Heute höre ich in den Nachrichten dass der Solidaritätszuschlag 19 Mrd. Euro einbringt. Wäre es nicht besser, statt den Soli abzuschaffen, diesen zu nutzen den Nulltarif einzuführen? Damit lässt sich der ganze ÖPNV finanzieren und sogar deutliche Verbesserungen erreichen.
In den Fahrgeldeinnahmen sind auch die Steuergelder für den freigestellten Schülerverkehr enthalten. Wenn diese weiterhin an den ÖPNV gehen, können damit noch mehr Verbesserungen finanziert werden.
Ebenso kosten die Fahrpreise die Unternehmen und Gesellschaft einiges: Geldlogistik, Verwaltung der Tarife, Fahrkartenautomaten, Kartendrucker im Bus, Entwerter, Umlaufverlängerung der Busse durch Fahrkartenverkauf und Vorne-Einstieg, Aufwendungen der Fahrscheinkontrolle und der juristischen Ahndung des Schwarzfahrens. Alle Mittel, die hier frei werden können in einen besseren ÖPNV investiert werden.
Neue Arbeitsplätze im ÖPNV sparen 500 Euro für Hartz IV ein.
Der Soli bietet die einmalige Chance jetzt die Umsetzung des Nulltarifs einzuleiten und den ÖPNV dafür massiv auszubauen. Alle haben die Vorteile die der umweltfreundliche ÖPNV ökologisch und strukturell erzeugt. Auto und ÖPNV werden endlich optimal kombiniert. Verkehrsbetriebe werden verstärkt Busanhänger für Personen einsetzen, da die den Einstieg nicht mehr kontrollieren müssen, so dass die Platzkapazität recht preiswert deutlich ausgeweitet werden kann. Viele Züge könnten in Doppeltraktion fahren und es werden mehr Doppelstockzüge beschafft, wo die Bahnsteige nicht verlängert werden können.
Wäre es nicht besser, statt den Soli abzuschaffen jetzt mit einem fahrpreisfreien ÖPNV die Verkehrswende einzuleiten?
MfG. F. S.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Anfrage.
Wir Grünen wollen, dass auf die öffentlichen Verkehrsmittel in Zukunft deutlich höhere Verkehrsanteile entfallen und auf das Auto deutlich geringere. Der entscheidende Hebel hierfür ist die Verbesserung der Angebote bei Bus, Straßen-/U-Bahn und Bahn. Eine Studie der Bundestagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN zur Zukunft des ÖPNV zeigt, dass es hierfür massive Investitionen von rund 10 Milliarden Euro jährlich von Bund, Ländern und Gemeinden braucht. Finanziert werden müssen beispielsweise neue Schienenwege und zusätzliche Fahrzeuge. Auch aus diesem Grund halte ich nichts von einem generellen Nulltarif. Die notwendigen Investitionen in einen leistungsfähigeren und zuverlässigeren öffentlichen Nahverkehr zu stemmen und zugleich auf sämtliche Fahrgeldeinnahmen verzichten zu wollen wird nicht funktionieren. Hinzu kommt, dass sich mit Preisen auch die Auslastung der öffentlichen Verkehrsmittel steuern lässt. Während der Hauptverkehrszeiten fahren Busse und Bahnen bereits heute teilweise an den Kapazitätsgrenzen. Ein "Nulltarif" würde dort bereits bei verhältnismäßig geringen Fahrgastzugewinnen zu einem deutlich verringerten Fahrkomfort für die Fahrgäste führen. Die Ausweitung der Angebote bei gleichzeitiger Verbesserung von Komfort und Service muss daher höchste Priorität haben, wenn spürbare Verlagerungseffekte gewünscht werden. Genau das wollen wir! Zugleich sollte die Tariflandschaft vereinfacht werden, um die Nutzung von Bus und Bahn unkomplizierter zu gestalten. In der Region Stuttgart ist dies gelungen: Von 50 "Tarifwaben" blieben nur noch einige wenige übrig und zugleich wurde der Tarif um durchschnittlich 25 Prozent abgesenkt. Der Ausbau der Angebote in Form des Ausbaus der S-Bahn und der Stadtbahn, der Taktverdichtungen und der Einführung neuer (Express-)Buslinien ist schon vor Jahren angelaufen. Dies - eine Kombination aus verbesserten Angeboten von Bus und Bahn einerseits und die Vereinfachung von Tarifstrukturen mit Senkung von Fahrpreisen andererseits - könnte und sollte Vorbild auch für andere Regionen sein.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Gastel, MdB

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