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Matthias Gastel
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Manfred v. •

Ist Ihnen bewusst, dass die beschlossenen Energieentlastungen nur oberflächliche Symptombehandlung sind?

Es ist ja schön, dass wir Verbraucher etwas entlastet werden. Aber warum nutzt man nicht die Gelegenheit, angesichts der hohen Preise tatsächlich wirkungsvoll die Nachfrage zu senken? Wann zeigen Sie wirkungsvoll Initiative und wann nimmt der Bund endlich eine tatsächliche Steuerungsfunktion wahr angesichts des Versagens der Länder?
Denkbare Maßnahmen: Homeofficepflicht, Tempolimit, radikale Vereinfachung der Tarife im ÖPNV, kostenfreie Fahrradmitnahme im ÖPNV, Etablierung von On-Demand-Verkehren im ländlichen Raum, radikale Vereinfachung der Planungsverfahren für Radwege, Eisenbahnen, Windkraftanlagen etc, Wiederanbindung jeder Stadt mit mehr als 5000 Einwohnern an das Schienennetz, Wiedereinführung des Konzepts Personenzug mit Güterbeförderung etc.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr v. L.,

danke für Ihre Frage.

Genau das, was Sie beschreiben, machen wir in vielen Punkten: Wir bauen die Angebote der öffentlichen Verkehrsmittel aus, wir bauen das Schienennetz aus und fördern die regionale Schienen-Infrastruktur, wir sehen Qualitätsstandards für den öffentlichen Nahverkehr in ländlichen Räumen vor, wir richten das KFW-Förderprogramm auf strengere Wärmestandards aus etc. Wir wollen auch Tarife bzw. die Bezahlsysteme im öffentlichen Nahverkehr vereinfachen und viele mehr. Diese Dinge brauchen aber leider Zeit. Auch mit den Beschleunigungsmaßnahmen im Bereich der Schienen-Infrastruktur und für den Ausbau der erneuerbaren Energien werden wir einiges an Zeit benötigen.

Daher können diese Maßnahmen nicht die Maßnahmen ersetzen, mit denen wir die Menschen kurzfristig entlasten. Die Ampelkoalition hat umfassend auf die gestiegenen Energiepreise reagiert. So wird die EEG-Umlage zum 01. Juli entfallen, der Arbeitnehmer-Pauschbetrag wird erhöht, der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer wird angehoben, für Bezieher*innen existenzsichernder Maßnahmen gibt es eine Einmalzahlung von 100 Euro, für von Armut bedrohte Kinder gibt es 20 Euro pro Monat und der Mindestlohn wird auf 12 Euro pro Stunde angehoben. Außerdem wird die Pendlerpauschale erhöht (was ich sehr kritisch sehe, da dies ökologisch unsinnig ist und vor allem Menschen mit höheren Einkünften entlastet). Der Bund hat die nationalen Ölreserven frei gegeben, um preisdämpfend zu wirken. Wichtig ist uns Grünen und auch mir persönlich die schnelle Umsetzung dieser Passage aus dem Koalitionsvertrag (bezogen auf die CO2-Bepreisung): “Um einen künftigen Preisanstieg zu kompensieren und die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten, werden wir einen sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus entwickeln (Klimageld).”

Ein voller Ausgleich für steigende Energiekosten wird mit dem auf 12 Milliarden Euro pro Jahr geschätzten Entlastungspaket für die meisten Haushalte nicht erreicht werden (können). Es muss darum gehen, soziale Härten abzufedern, also gezielt Menschen mit engem Budget zu helfen (was nicht ausschließlich die Energiekosten, sondern auch die ebenfalls massiv gestiegenen Preise für Grundnahrungsmittel betrifft; hier lässt sich, anders als bei Energie, kaum sparen). Die Hilfe muss auch Energieberatung umfassen, da sich der Energieverbrauch durch Verhalten und Technik reduzieren lässt. Wir werden massiv Energie einsparen und die Energieeffizienz verbessern müssen, um das Klima zu schützen, von Regimen wie dem von Putin unabhängiger zu werden – und den eigenen Geldbeutel zu entlasten. Hier geht es um unser bewusstes Verhalten und den gezielten Einsatz von Technik.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias Gastel, MdB

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