Frage an Matthias Gastel von Stefan S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Gastel,
ich wende mich an Sie, weil Sie Mitglied im Verkehrsausschuss sind und obendrein mit einem Fahrrad abgebildet sind. Mein Thema sind sog. "illegale" Radwege, genauer: Gefährliche, dennoch benutzungspflichtige kombinierte Fuß/Radwege in z.T. erbärmlichen Zustand, die lt. VwV-StVo seit 1997 als solche gar nicht mehr existieren dürften. Ich bin als Berufs-Fahrradpendler täglich selbst davon betroffen.
Statt langer Erklärungen verweise ich Sie auf die Seite des ADFC https://www.adfc-nrw.de/kreisverbaende/kv-bottrop/radverkehr/radwegbenutzungspflicht/leitfaden-rwbp.html
Dort (und auf vielen anderen Seiten, die dieses Thema behandeln) ist alles Wesentliche gesagt: Die Kommunen kommen ihrer Verpflichtung, ungeeignete, sog. "Radwege" von der Benutzungspflicht zu befreien, bzw. die Ungeignetheit zu beseitigen, seit 20 Jahren nicht nach. Da sich politisch nichts tut, wird den Bürgern empfohlen, privat gegen die jeweilige Benutzungspflicht zu klagen.
Meine Fragen an Sie:
- Wie kann es sein, dass eine Verwaltungsvorschrift, die der Sicherheit von Straßenverkehrsteilnehmern dient, seit 20 Jahren ignoriert wird? Weil sie "nur" Radfahrer sind?
- Soll tatsächlich jede einzelne, rechtswidrig ausgewiesene Radwegbenutzungspflicht von einem betroffenen Privatbürger in einem jahrelangen Rechtsstreit mit der Kommune korrigiert werden?
- Die Erhöhung des innerörtlichen Radfahreranteils ist offensichtlich ein politisches Ziel. Wäre es dafür nicht ein phantastisch einfacher Schritt, endlich, endlich, die Umsetzung der VwV-VStvO aus 1997 in den Kommunen zwangsweise durch den Bund anzuordnen? Warum geschieht das nicht?
- Wäre es nicht angesichts der in letzter Zeit gestiegenen Zahl von getöteten Radfahrern sogar Ihre Pflicht, die Empfehlungen der ERA2010 und der VwV-VStvO zur Sicherheit von Radfahrern überall in Deutschland mit aller Macht durchzusetzen?
Mit freundlichen Grüßen,
S. S.
Sehr geehrter Herr S.,
danke für Ihre Fragen, es ist tatsächlich ärgerlich, wenn die Verwaltungsvorschriften (VwV) von Kommunen nicht umgesetzt wird. Tatsächlich kann der Bund aber nicht mehr machen, als das eben in die VwV zu schreiben. Genauso ärgerlich ist es, wenn einzelne Bürger*innen das durchklagen müssen. Das ist nicht ihre Aufgabe und auch mit viel Nerven, Zeitaufwand und gegebenenfalls Geld verbunden. Sinnvoller wäre es, wenn z.B. Interessenverbände klagen können. Deshalb setzten wir uns für das Verbandsklagerecht ein.
Tatsächlich braucht es weitreichende Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit. Verbesserung der Infrastruktur ist da nur ein Punkt. Ein weiterer, der längst überfällig ist, ist eine fahrradfreundliche Überarbeitung des Straßenverkehrsrechts, allen voran der Straßenverkehrsordnung (StVO), der VwV-StVO und der Bußgeldkatalogverordnung. Wir haben dazu einen Antrag im Bundestag eingebracht:
Das Straßenverkehrsrecht reformieren - Straßenverkehrsordnung fahrrad- und fußverkehrsfreundlich anpassen https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/089/1908980.pdf .
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ziert sich derzeit, Änderungen zugunsten des Radverkehrs in der StVO vorzunehmen. Tatsächlich setzt er nur das absolut notwendige um. Einige seiner Vorschläge verschlechtern die Situation für den Radverkehr sogar massiv (z.B. Öffnung von Busspuren [auf denen der Radverkehr mitgeführt werden kann] für Pkw mit mehr als zwei Personen und ein Abstellverbot von Fahrrädern am Fahrbahnrand).
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Gastel