Frage an Matthias Gastel von Stefan R. bezüglich Verkehr
Obwohl biologische Einflüsse der Mobilfunkstrahlung in zahlreichen Studien zweifelsfrei bewiesen wurden, auch am Menschen und auch weit unterhalb unserer Grenzwerte,
- http://54088638.swh.strato-hosting.eu/AUM/wp-content/uploads/2014/08/grenzwerte-biologische-effekte-W-Jogschies.pdf
- https://www.emfdata.org/de
- https://bioinitiative.org/updated-research-summaries/
wird die Bedeutung der wichtigsten Auswirkungen, wie Beeinflussung der Hirnströme, Erbgut-Schädigung, Insektensterben, beschleunigte Alterung, offiziell heruntergespielt. Immer noch kursieren nicht mehr haltbare Aussagen wie: "Innerhalb der Grenzwerte seien keine Gesundheitsschäden zu erwarten" Sogar das BfS und Stiftung Warentest beziehen sich auf die " International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection" (ICNIRP). Diese ist jedoch ein privater, in Oberschleißheim eingetragener Verein, der seine Mitglieder selber rekrutiert und Fachleute mit abweichenden Meinungen ausschließt. Er hat aufgrund personeller Verflechtungen und Lobbyarbeit in vielen Ländern die Grenzwerte beeinflusst.
Erkennen Sie die Dringlichkeit, alternative und Interessenfreie Informationsquellen heranzuziehen, um dem in § 2 GG und § 20a GG gewährleisteten Schutz der Bevölkerung und der natürlichen Umwelt zu gewährleisten?
- https://www.mobilfunk-zukunft.de/grenzwerte/ (letzte 2 Absätze)
Obwohl weltweit keine Rückversicherung die durch Mobilfunkstrahlung verusachten Schäden und Gesundheitsrisiken deckt und Swiss Re sogar expilizit vor dem 5G-Netzausbau warnt,
- https://www.diagnose-funk.org/publikationen/artikel/detail?newsid=1412
treibt unsere Politik bislang den Ausbau ungeachtet der Risiken voran.
Was können Sie dazu beitragen, dass unsere viel zu hohen Grenzwerte heruntergesetzt werden?
Was müsste passieren, dass die Warnung der mehr als 1000 Mediziner und Naturwissenschaftler, die bis zum Ausschluss der Risiken einen einstweiligen Ausbaustopp des neuen 5G-Mobilfunknetzes fordern, endlich umgesetzt wird?
Sehr geehrter Herr R.,
danke für Ihre Anfrage.
Wir sehen erhebliche Defizite beim Ausbau der digitalen Infrastruktur und wollen diese daher deutlich ausbauen. Dass ganze Regionen von der mobilen Telefonie und einem leistungsfähigem Internet abgehängt sind ist nicht zu akzeptieren.
Mit Bedacht eingesetzt, ermöglicht die Digitalisierung gesellschaftliche Teilhabe und erhöhte Lebensqualität wie beispielsweise durch Verkehrsvermeidung und ressourcenschonende Geschäftsprozesse. In der digitalen Welt von heute entscheidet der Zugang zum Breitbandinternet über die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben. Zugleich müssen mögliche gesundheitliche Auswirkungen berücksichtigt werden.
Der Bundesgerichtshof hat bereits 2013 festgestellt, dass die Verfügbarkeit eines schnellen Internetzugangs „auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist“ (BGH, Urteil vom 24.01.2013 - III ZR 98/12). Die Bundesregierung muss, um ihren seit Jahren gemachten Versprechen endlich einzulösen und mit konkreten Maßnahmen die digitale Infrastruktur endlich fit für das 21. Jahrhundert zu machen.
Eine zeitgemäße digitale Infrastruktur wird es in Deutschland nur geben, wenn Breitbandausbau im Festnetz, Mobilfunkversorgung und Förderpolitik zusammengedacht werden. Eine solide Grundversorgung für alle muss mit einer Förderpolitik für Glasfaser einhergehen, die auf einen diskriminierungsfreien und offenen Netzzugang mit echter Netzneutralität für alle Anbieter setzt.
Unser Hauptfokus liegt auf dem Ausbau eines intelligent ausgebauten Glasfasernetzes. Eine gut ausgebaute terrestrische Glasfaserinfrastruktur kann den Bau vieler Mobilfunkmasten vermeiden und so die Strahlungsbelastung insgesamt reduzieren. So können etwa Mobilfunkmasten mit Glasfaser versorgt werden, statt zwischen den Masten Richtfunkstrecken im Mikrowellenbereich aufzubauen. Ein flächendeckender Ausbau der LTE (4G)-Technologie hilft dabei, die lokale Strahlenbelastung durch eigene Mobiltelefone zu senken. Denn schwach ausgebaute Gebiete treiben durch die dauernde Netzsuche von Mobiltelefonen deren notwendige Sendeleistung in die Höhe.
Grundsätzlich ist vor Einführung von neuen Technologien eine umfassende Technikfolgenabschätzung sinnvoll, insbesondere, wenn Zweifel an der Verträglichkeit mit dem Schutz von Umwelt und Gesundheit bestehen.
Im Fall der 5G-Mobilfunktechnologie legen Studien nahe, dass die Gesundheit von Mensch und Tier beeinflusst wird. So wurde etwa hochfrequente elektromagnetische Strahlung 2011 von der WHO in der Gruppe 2B der IARC-Skala (möglicherweise krebserregend) eingestuft. In ihrem achten Emissionsminderungsbericht aus dem November 2018 (Bundestagsdrucksache 19/6270, http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/062/1906270.pdf) betont die Bundesregierung, dass nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand die durch starke elektromagnetische hervorgerufene Erwärmung von Gewebe maßgeblich für die Beurteilung von möglichen gesundheitlichen Auswirkungen der hochfrequenten elektromagnetischen Felder ist.
In Bezug auf die weiteren möglichen Risiken über die Gewebeerwärmungen hinaus stellt die Bundesregierung fest, dass im Bereich niedriger Intensitäten hochfrequenter Felder gesundheitliche Beeinträchtigungen infolge nicht-thermischer Wirkungen in jahrzehntelanger Forschung bisher wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden konnten. Diese Feststellung ist in der Fachwelt umstritten, wie es etwa der Berichterstattung im Tagesspiegel vom 15.01.2019 (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/mobilfunk-wie-gesundheitsschaedlich-ist-5g-wirklich/23852384.html) zu entnehmen ist.
Im Fall der 5G-Technologie sind weitere technische Entwicklungen auf ihre gesundheitlichen Auswirkungen hin zu erforschen. Dazu gehört das sogenannte Beamforming. Dadurch wird es laut Bundesamt für Strahlenschutz möglich, Mehrwegeausbreitung besser zu nutzen und Strahlungsleistung zielgenauer abzugeben. Die zielgenauere Aussendung kann zu niedrigeren Expositionen führen, weil weniger Leistung ungerichtet in die Umgebung abgegeben wird. Beim Empfang kann die Technik dazu beitragen, dass niedrigere Feldstärken für eine Verbindung ausreichen. Dem stehen laut Bundesamt für Strahlenschutz insgesamt steigende Datenübertragungsmengen und damit verbundene Änderungen am Immissionsaufkommen gegenüber.
Insgesamt scheint also die wissenschaftliche Basis für die These der weitergehenden Unschädlichkeit von Mobilfunkstrahlung weniger klar, als es die Bundesregierung im achten Emissionsminderungsbericht darstellt.
Wir plädieren deshalb für weitere unabhängige Forschung zu den Risiken der 5G-Technologie und sprechen uns dafür aus, alle Quellen, die hohen wissenschaftlichen Standards entsprechen, zur Grundlage weiterer Entscheidungen bezüglich des 5G-Ausbaus zu machen. Dies schließt ggf. eine vorsorgeorientierte Anpassung der Grenzwerte und der Ausbauplanung ein.
Grundlage für die Regulierung der Strahlenbelastung ist das Bundesimmissionsschutzgesetz. Dieses folgt dem Grundsatz des Vorsorgeprinzips, welches auch im Bereich der Mobilfunkstrahlung konsequent angewendet werden muss. Dass in anderen Ländern Europas teilweise deutlich niedrigere Grenzwerte für elektromagnetische Strahlung gelten, ist für uns ein Hinweis darauf, dass die Bundesregierung das Vorsorgeprinzip nicht so konsequent anwendet, wie es andere Staaten tun.
Generell plädieren wir dafür, Grenzwerte für nicht ionisierende Strahlung auf das niedrigste technisch machbare Niveau abzusenken und insbesondere einen Ausbau des Mobilfunknetzes so zu gestalten, dass Schäden an Umwelt und Gesundheit nach dem vorliegenden Wissensstand ausgeschlossen werden können. Gerade sensible Personengruppen wie Schwangere und Kinder müssen beim Mobilfunkausbau besonders berücksichtigt werden.
Konkret fordern wir:
• den Ausbau eines umwelt- und gesundheitsverträglichen schnellen Mobilfunkinternets, wobei alle rechtlichen Möglichkeiten zur Reduzierung der Mastendichte genutzt werden sollten, etwa auch Vorgaben zum National Roaming beim 5G-Ausbau;
• dass die Bundesregierung sich auf EU-Ebene für eine Überarbeitung der Empfehlung des Rates der Europäischen Union 1999/519/EG einsetzt, die den aktuellen Wissensstand aufgreift und unter konsequenter Anwendung des Vorsorgeprinzips in allen Mitgliedstaaten ein hohes, harmonisiertes Schutzniveau festlegt;
• vorsorgeorientierte und kindergerechte Grenzwerte, insbesondere für Orte mit empfindlicher Nutzung, wie zum Beispiel Schul-, und Krankenzimmer, sowohl für den Niederfrequenz- als auch für den Hochfrequenzbereich festzulegen;
• das in der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung bereits für den niederfrequenten Bereich verankerte Minimierungsgebot unter Anwendung des Standes der Technik auf den gesamten Bereich der nichtionisierenden Strahlung auszudehnen und regelmäßig eine Evaluierung vorzunehmen.
• dass auch im Rahmen eines zukünftigen Mobilfunk-Gesamtkonzepts die Entscheidung, ob eine Schule oder ein Krankenhaus mit einem Funkmast ausgestattet wird, weiterhin beim jeweiligen Schul- oder Krankenhausträger liegt.
Um uns ein umfassendes Bild zur aktuellen Forschungslage zu verschaffen, befinden wir uns im intensiven Austausch mit Expertinnen und Experten.
Für weitere Informationen verweise ich gerne auf einen Antrag, den die Grüne Bundestagsfraktion zum Thema Breitbandausbau im Oktober 2018 in den Bundestag eingebracht hat. Darin haben wir klargestellt, dass beim Ausbau des Mobilfunks stets ein hohes Schutzniveau für Umwelt und Gesundheit gewährleistet werden muss (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/053/1905306.pdf). Dazu sei verwiesen auf einen Entschließungsantrag, den die Grüne Bundestagsfraktion gemeinsam mit der SPD-Fraktion im März 2013 anlässlich einer Änderung der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung gestellt hat (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/127/1712738.pdf).
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Gastel, MdB