Frage an Matthias Gastel von Andreas K. bezüglich Verkehr
Guten Morgen, Herr Gastel;
als einer der Mitbürger, für die EISENBAHN das beste, zivilisierteste, interessanteste und auch liebste Verkehrsmittel ist, bin ich u.a. auch gegen Murk-S 21 im Remstal engagiert, weil es (nicht nur für mich) NUR Nachteile bringt. Wie ich von meinen BsB(Bürgerbahn statt Börsenbahn) Freunden erfuhr, haben die GRÜNEN die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zu S 21 abgelehnt, was ich nicht nachvollziehen kann. Vielleicht aus parteipolitischen Gründen? Ich selbst habe mit den Linken absolut nichts zu tun (im Gegenteil!), aber wäre es nicht an der Zeit da mal richtig nachzufragen? Von der außer Kontrolle geratenen Finanzierung mal abgesehen, ist es mir schleierhaft, wie man eine derartige Verschlechterung des Stuttgarter Bahnknotens plant, wo jeder Zug FESTGEBREMST (!) halten muß und Hochgeschwindigkeitszüge mit Triebkopfantrieb (TGV, ICE 1 und 2!) damit Probleme haben. Geschweige denn ein sinnvoller Taktfahrplan gestaltet werden kann. Von den anderen nicht geklärten Problemen (Mineralwasser, etc..) ganz zu schweigen. Geht es da noch mit rechten Dingen zu? Wie oft wurde wegen Murk-S 21 die Öffentlichkeit schon belogen? Und jetzt wehren sich ausgerechnet die GRÜNEN gegen einen Untersuchungsausschuss? Waren/Sind nicht die GRÜNEN die Hoffnung für eine vernünftige Verkehrspolitik, die der SCHIENE wieder ihre Priorität einräumt, die sie schon lange verdient? Zu was haben den viele Freunde und Benutzer der Eisenbahn denn die Grünen gewählt? Und warum stellt sie im Ländle den Ministerpräsident?
Ich bitte Sie, als schwäbischer MdB und Mitglied im Verkehrsausschuss doch der Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zu S 21 zu zustimmen, damit dieses Schwäbische Bahn-Babylon endlich auf "Hp0" gestellt wird!
Mit OBEN BLEIBEN grüßt
Andreas Kleber
Sehr geehrter Herr Kleber,
vielen Dank für Ihre Mail, auf die ich Ihnen sehr gerne antworte.
Es freut mich, dass auch Sie ein Freund der Schiene sind und dieses spannende und umweltfreundliche Verkehrsmittel stärken wollen. Dies liegt auch mir als dem bahnpolitischen Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion am Herzen.
Bei der Bewertung von Stuttgart 21 sind wir uns offensichtlich auch einig: Zu teuer und zu wenig verkehrliche Leistung. Ich komme nicht aus dem Remstal, sondern von den Fildern. Hier hat die DB noch kein Baurecht, obwohl sie sich seit vielen Jahren darum bemüht. Und auf den Fildern wird die Absurdität des Projektes besonders deutlich: Während an anderen Stellen mit der "Entmischung" verschiedener Eisenbahnverkehre (Güterverkehr, schneller und langsamer Personenverkehr) argumentiert wird, wird bei uns genau das Gegenteil angestrebt: Fernverkehrszüge sollen die für S-Bahnen gebaute Gleise nutzen, obwohl Gleise, Unterführungen, Tunnel und Stationen dafür überhaupt nicht geeignet sind. Meine Kritik an Stuttgart 21 ist also sowohl eine Grundsätzliche wie auch eine im konkreten Detail. Daher stellen wir Grünen und auch ich personlich nach wie vor die notwendigen Fragen, aktuell mit einer Kleinen Anfrage zu S 21 und in einigen Tagen auch noch mit einer weiteren Kleinen Anfrage zur Neubaustrecke Wendlingen-Ulm. Sie hatten in ihrem Brief angesprochen, dass im geplanten Tiefbahnhof in Stuttgart die Züge aufgrund der abschüssigen Bahnanlagen festgebremst halten müssen. Auch nach diesen Aspekt und den vorgesehenen betrieblichen Abläufen insgesamt werden wir noch parlmanentarisch fragen.
Und nun zur Diskussion um einen parlamentarischer Untersuchungsausschuss: Ein solcher hat die Aufgabe, mögliche Missstände, die im Verantwortungsbereich des Regierungshandelns liegen, aufzuklären. Zur Klärung von Kosten bzw. Kostensteigerungen und die Klärung der Leistungsfähigkeit des geplanten Tiefbahnhofs ist ein Untersuchungsausschusses also nicht das geeignete Instrument. Doch genau für die Aufgabenstellung hatte die Linke ein solches Gremium gefordert.
Auch wir und ich persönlich müssen die Erfahrung machen, dass Kleine Anfragen, schriftliche Fragen, mündliche Fragen etc. nicht nur zu Stuttgart 21, sondern zu allem, was mit der Deutschen Bahn AG zu tun hat, seitens der Bundesregierung entweder nicht oder nicht ausreichend beantwortet wird. Da die Bundesregierung die meisten Fragen zu Stuttgart 21 mit dem Argument der „Eigenwirtschaftlichkeit“ des Projektes abblockt und sich als den falschen Ansprechpartner darstellt, habe ich erhebliche Zweifel, ob dies in einem Untersuchungsausschuss anders verlaufen würde. Insgesamt scheinen mir die Erwartungen an einen Untersuchungsausschuss deutlich überhöht zu sein. Auch das ist ein Grund dafür, dass wir diesbezüglich sehr zurückhaltend sind. Wegen der Auskunftsverweigerung der Bundesregierung verweise ich darauf, dass die Bundestagsfraktion der Grünen eine Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht hat, um ein Auskunftsrecht zu erzwingen. Wir wollen Antworten auf unsere Fragen zu Stuttgart 21, aber auch zu anderen Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Staatskonzern Deutsche Bahn AG (bspw. über deren Auslandsgeschäfte und über die finanziellen Verflechtungen der einzelnen Konzernsparten). Es geht uns also um viel mehr als um einzelne Fragen zu S 21: Es geht uns generell um die Auskunftsrechte der gewählten VolksvertreterInnen und das Recht des Parlamentes und insbesondere der Opposition, die Regierung wirkungsvoll kontrollieren und konkret auch Einblicke ins Agieren des Staatskonzerns Deutsche Bahn AG gewinnen zu können.
Eine ausführlichere Stellungnahme der Grünen-Bundestagsfraktion zur Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu Stuttgart 21 finden Sie hier:
Ich darf Ihnen noch berichten, dass ich in etwa gleich viele Rückmeldungen von Bürgerinnen und Bürgern bekomme, die von uns Grünen einen energischeren Einsatz gegen Stuttgart 21 erwarten wie ich Rückmeldungen von Bürgerinnen und Bürgern erhalte mit dem Tenor, die Sache sei entschieden, wir sollten uns damit abfinden und die Diskussionen um Stuttgart 21 würden sie nur noch nerven. Umfragewerte des SWR von dieser Woche, wonach bei einer Landtagswahl 21 Prozent der Wahlberechtigten die Grünen wählen würden und mit der Arbeit der Regierung 58 Prozent und mit der von Ministerpräsident Winfried Kretschmann gar 66 Prozent zufrieden sind, lassen die Deutung zu, dass uns der Spagat zwischen den beiden doch sehr unterschiedlichen Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger ganz gut gelingt.
Ich hoffe, dass ich einige Ihrer Fragen klären und unser Handeln erklären konnte.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Gastel