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Matthias Gastel
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Frage von Georg S. •

Frage an Matthias Gastel von Georg S. bezüglich Finanzen

Hallo Herr Gastel,

darf ich sie bitten diese Fragen zu unserem Geld, welches die Basis für unser meist sehr wirtschaftliche ausgerichtete Handeln ist, zu beantworten.
vielen Dank
Georg Sohn

1. Ist Ihnen bekannt, dass das Privileg, Giralgeld zu erzeugen, weder in europäischen noch in deutschen Rechtsvorschriften explizit erwähnt und geregelt wird?

2. Ist Ihnen der Vorschlag der Vollgeldreform bekannt, demzufolge neues Geld nur noch durch die Zentralbanken als unabhängige vierte Staatsgewalt (die Monetative) in Umlauf gebracht werden soll?

3. Werden Sie sich in der nächsten Wahlperiode im Deutsche Bundestag dafür einsetzen, dass das vollständige staatliche Vorrecht auf Geldschöpfung gesetzlich verankert wird?

4. Ist Ihnen bekannt, dass der größte Teil des von uns verwendeten Geldes (das Giral- geld) durch private, gewinnorientierte Banken erzeugt und in Umlauf gebracht wird und nicht wie von den meisten Menschen vermutet durch staatliche Organe und dass diese Praxis auch von der Deutschen Bundesbank so bestätigt wird?

5. Halten Sie die private Banken-Geldschöpfung für gerechtfertigt oder sind Sie der Meinung, dass Geld nur von einer öffentlichen Institution erzeugt und in Umlauf gebracht werden sollte?

6. Ist Ihnen bekannt, dass durch die Wiederherstellung des staatlichen Vorrechts auf Geldschöpfung die derzeitige Staatsverschuldung zu einem großen Teil ohne Steuererhöhungen und Sparpakete beseitigen werden könnte und dass der IWF (Internationale Währungsfonds) in einer Studie aus dem Jahr 2012 bestätigt hat, dass dies ohne Inflationsgefahr möglich ist?

7. Was halten Sie davon, das Volk selbst über die gesetzlichen Grundlagen unseres Geldsystems abstimmen zu lassen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Sohn,

vielen Dank für Ihre Fragen. Wir Grünen haben uns mit den Vorschlägen der Monetative, wie auch dem Chicago-Plan, seinem Vorläufer aus den 1930er Jahren, und der darauf basierenden IWF-Studie eingehend beschäftigt. Die Vorschläge bewerten wir wie folgt:

Wir leben heute in einem schuldenbasierten Finanzsystem, in dem alles Geld eine Schuldverschreibung ist. Würden alle Schulden beglichen, gäbe es im Umkehrschluss auch kein Geld, keine Banken und keine Geldvermögen mehr. Unser Finanzsystem beruht also auf der flexiblen Geldschöpfung der Banken durch Kreditvergabe. Dass der Großteil unseres Geldes durch private Geschäftsbanken geschöpft wird, ist mir bekannt. In Europa sind es 91%.

Wir Grünen halten das prinzipiell auch nicht für problematisch. Gäbe es nämlich eine Begrenzung der Geldmenge, wie beispielsweise zu Zeiten des Goldstandards, würde wirtschaftliche Entwicklung sehr erschwert, da für Investitionen die Umlaufmittel aus einem Teil der Gesellschaft entzogen werden müssen. Das würde - solange dies nicht durch Tauschsysteme oder Alternativwährungen kompensiert werden kann - schnell zu großer Armut und Stagnation führen. Insofern hat die flexible Finanzintermediation durch Kreditschöpfung einen zentralen Anteil an unserem wirtschaftlichen Fortschritt. Und es ist ja nicht so, dass private Banken hier risikolos Geld schöpfen. Ein Ausfall des Kredits hat direkte Auswirkungen auf die Solvenz der Bank, da die gleichzeitig mit dem Kredit geschöpfte Verbindlichkeit ja bestehen bleibt. So ist ein positiver Realzins eben auch Ausdruck dieses Ausfallrisikos.

Wenn allerdings zu viele Kredite geschöpft werden und die Gesamtverschuldung der Gesellschaft zu stark ansteigt, kommen wir irgendwann in große Schwierigkeiten. Deswegen müssen wir die exzessive, spekulative Kreditvergabe bremsen, die auch Hauptauslöser der großen Finanzkrise war. Das muss das Ziel von Reformen sein.

Die Vollgeldinitiative macht hier einen interessanten Vorschlag, indem Kreditvergabe staatlich kontrolliert wird. Auch die von Ihnen angesprochene IWF-Studie kommt ja zu positiven Ergebnissen. Doch bleibt fraglich, ob Vollgeld die Exzesse auf den Finanzmärkten tatsächlich zügeln kann, die sich in der spekulativen Sphäre abspielen. So weist selbst der IWF auf die Gefahr von ‚near-monnies‘ hin, also dass in alter Manier einfach neue Paare von Forderungen und Verbindlichkeiten geschaffen werden, die nicht als Geld umlaufen und so auch nicht vom Vollgeld begrenzt würden. Man könnte auch sagen: Sperrt man die Diebe ein, freuen sich die Räuber. Darüber hinaus bleibt fraglich, ob die Notenbanken beim Vollgeld nicht eine viel zu starke Stellung im Gesamtgefüge bekommen. Denn sie würden ja letztlich die gesamte Kreditvergabe quantitativ steuern. Wie kann in einem solchen System gewährleistet werden, dass Kredite auch wirklich ‚gesellschaftlich produktiv‘ eingesetzt werden, von Korruption ganz zu schweigen? Wie wird die optimale Geldmenge bestimmt?

Wir Grünen halten die Überlegungen in diese Richtung jedoch trotzdem für interessant und wichtig, auch wenn sie in ihrer Radikalität zurzeit sicher nicht anschlussfähig sind.

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Gastel

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