Frage an Mathias Wagner von Matias Leão R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Wagner!
Lt. einer Meldung des hr hat das Bundesfamilienministerium die Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Islamischen Vereinsverband Rhein-Main beendet, da nicht nur einzelne Mitglieder des Verbandes, sondern diese als solche vom hessischen Landesamt für Verfassungsschutz als extremistisch eingestuft wird.
In diesem Zusammenhang möchte ich Sie höflich bitten, folgende Fragen freundlicherweise zu beantworten.
Welche Voraussetzungen müssen Verbände bisher für einen bekenntnisorientierten Religionsunterricht erfüllen?
Muss Ihrer Meinung nach bei diesen Voraussetzungen eine Korrektur erfolgen?
Wenn bekenntnisorientierter Religionsunterricht eine unterstützende Funktion haben soll, um die Radikalisierung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu unterbinden, in welcher Weise müssen Lehrpläne, die Ausbildung von Fachlehrern wie auch die Zusammenarbeit mit den entsprechenden kooperierenden Religionsverbänden hinterfragt werden?
Halten Sie es für erforderlich und umsetzbar, dass entsprechende kooperierende Religionsverbände ebenso einen Treueeid wie Dr. Bätzing vom Bistum Limburg leisten müssen?
Welche fehlenden Voraussetzungen müssen hierfür erfüllt werden?
Halten Sie es für erforderlich und umsetzbar, dass entsprechende kooperierende Religionsverbände personell wie finanziell unabhängig werden, dass heißt, dass die Besetzung ihrer Funktionäre nicht aus dem Ausland bestimmt und die Finanzierung nicht aus dem Ausland erfolgt?
Vielen Dank für Ihre Bemühungen.
Herzliche Grüße,
gez. Hr. Rautenberg
Sehr geehrter Herr Rautenberg,
vielen Dank für Ihre Fragen, auf die ich Ihnen gerne antworte. Bitte entschuldigen Sie, dass ich dies erst jetzt tue.
Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass die Mehrzahl der muslimischen Verbände und Religionsgemeinschaften eben nicht vom Verfassungsschutz beobachtet wird und sich auch zum Grundgesetz bekennt. Dies sollte bei der bestehenden Kritik, die es auch von GRÜNEN an der Nähe der DITIB zum türkischen Staat gibt, nicht vermischt werden.
In Hessen wird Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach in Kooperation mit folgenden Kirchen und Religionsgemeinschaften angeboten: evangelische, (alt-)katholische und orthodoxe Kirchen, jüdische Gemeinden, muslimische Religionsgemeinschaften, Adventisten, Freireligiöse, Mennoniten und Unitarier. Für Kinder, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, wird Ethik unterrichtet.
Unabhängig von der jeweiligen Konfession wird der Religionsunterricht selbstverständlich im Einklang mit den Werten unseres Grundgesetzes durchgeführt. Eine Religionsgemeinschaft muss beim zuständigen Ministerium – in Hessen beim Kultusministerium – einen Antrag stellen, wenn sie einen bekenntnisorientierten Religionsunterricht anbieten will. Ob eine Erlaubnis erteilt wird, wird jeweils im Einzelfall geprüft.
Die Unterrichtsinhalte stehen komplett unter der Kontrolle des Kultusministeriums. Das Kultusministerium stellt durch seine Kontrollfunktion und in regelmäßigen Gesprächen mit den Religionsgemeinschaften sicher, dass es keine politische Einflussnahme gibt. Dadurch wird sichergestellt, dass bekenntnisorientierter Religionsunterricht – gleich um welche Religion oder Glaubensgemeinschaft es geht – in Übereinstimmung mit den Freiheitswerten unserer Verfassung und unserer Demokratie stattfindet.
Was den islamischen Religionsunterricht in Hessen angeht, besteht die Rolle von DITIB und Ahmadiyya-Gemeinde darin, wie im Grundgesetz vorgesehen, in Abstimmung mit dem Kultusministerium die Inhalte des Religionsunterrichts zu erarbeiten und zu bestätigen, dass die religiösen Inhalte mit ihren Glaubensgrundsätzen übereinstimmen. Dass die Inhalte auch in der Praxis dem Hessischen Schulgesetz, der Landesverfassung und dem Grundgesetz entsprechen, kontrollieren die Staatlichen Schulämter und das Kultusministerium. Bisher waren die Religionsverbände in Hessen verlässliche Partner. Sollte es Hinweise darauf geben, dass von Seiten eines Verbands versucht wird, den Unterricht zu beeinflussen, müsste die Zusammenarbeit selbstverständlich überprüft und gegebenenfalls beendet werden.
Sie sprechen den Treueid der katholischen Bischöfe an. Aus historischen Gründen erhalten Pfarrer und Bischöfe ihr Gehalt von den jeweiligen Bundesländern. Das ist auch der Grund, warum der neue Limburger Bischof Dr. Bätzing einen Treueschwur gegenüber der Bundesrepublik Deutschland und den Ländern Hessen und Rheinland-Pfalz leistete.
Den Unterricht in islamischer Religionskunde erteilen hessische Lehrerinnen und Lehrer. Sämtliche Lehrkräfte, die derzeit im bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht eingesetzt sind, haben die Erste und Zweite Staatsprüfung für das jeweilige Lehramt in Deutschland abgelegt. Zudem haben sie bei ihrer Einstellung einen Treueeid auf das Grundgesetz und die Verfassung des Landes Hessen geschworen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen die Hintergründe zum bekenntnisorientierten und insbesondere zum islamischen Religionsunterricht näher bringen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Mathias Wagner