Frage an Mathias Volkmar Zschocke von Jörg H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Zschocke,
auf der einen Seite wird der Wahlkampf sehr personalisiert mit ihrem Gesicht auf den Plakaten geführt, auf der anderen Seite ist die Stimmabgabe im Parlament erfahrungsgemäß eher an Parteidisziplin und Fraktionszwang gebunden. Sollten Sie das Direktmandat gewinnen, sehen Sie sich dann als Abgeordneter des Wahlkreises oder eher als Abgeordneter ihrer Partei?
Sehr geehrter Herr H.,
offenbar sehen Sie einen Konflikt darin, entweder Abgeordneter meines Wahlkreises oder eher Abgeordneter meiner Partei zu sein. Ich sehe diesen Konflikt nicht, weil ich davon überzeugt bin, dass grüne Politik gut für meinen Wahlkreis ist.
Fraktionszwang klingt negativ. Ich finde es richtig und notwendig, dass die Fraktionen sich im Vorfeld parlamentarischer Entscheidungen eine Fraktionsposition bilden und diese dann auch gemeinsam vertreten (Gewissensentscheidungen ausgenommen). Das ist ein wichtiger Teil demokratischer Willensbildung.
Sollte ich das Direktmandat gewinnen, sehe ich mich als einen aus Überzeugung GRÜNEN Abgeordneten meines Wahlkreises.
Auch wenn ich mir unsere Anliegen für Chemnitz anschaue, kann ich keinen Konflikt zum GRÜNEN Programm sehen – im Gegenteil. Lassen Sie mich das an den Beispielen Ökologie, Mobilität und Bildung kurz darstellen:
Hitzewellen, Hochwasser – die Klimaveränderungen sind auch in Chemnitz spürbar. Wir müssen jetzt handeln! Mit einem Landesförderprogramm „Grüne Kommunen“ wollen wir Maßnahmen zur Abkühlung und bessere Luft für uns alle fördern: Begrünungen von Fassaden, Dächern und Betonflächen senken die Temperatur. Öffentliche Trinkbrunnen dienen dem Gesundheitsschutz. Mehr Bäume kühlen überhitzte Innenstädte ab und schaffen Lebensraum für Tiere. Der Klimawandel erfordert auch Investitionen in eine zukunftssichere Trinkwasserversorgung. Wir wollen zudem der wachsenden Flächenversiegelung Einhalt gebieten und ökologischen Hochwasserschutz im gesamten Einzugsgebiet der Chemnitz-Zuflüsse befördern. Alls das ist GRÜNE Politik zum Nutzen der Stadt.
In Chemnitz könnten auch bald wieder Fernverkehrszüge halten. Dafür brauchen nur die Intercity-Züge, die seit Ende 2018 das Ruhrgebiet mit Erfurt, Weimar und Gera verbinden, nach Chemnitz verlängert werden. Sachsen hat diese Chance bisher vertan. Es reicht uns nicht, immer nur mit einem ICE-Anschluss nach erfolgter Elektrifizierung der Bahnstrecke nach Leipzig vertröstet zu werden. Chemnitz braucht insgesamt bessere Mobilität, die alle mitnimmt. Zudem muss mehr Güterverkehr auf die Schiene, um Straßen und Autobahnen zu entlasten. Das ist auch wichtig für den Lärmschutz an der B 174. All das ist unmittelbar die Politik meiner Partei.
Wir wollen auch mehr Gestaltungsspielräume für Hochschulen und eine bedarfsgerechte Finanzierung. Gerade in unserer Region ist es dringend notwendig, Lehrer*innen oder Mediziner*innen vor Ort auszubilden. Die Hochschulfinanzierung in Sachsen ist so kompliziert ausgestaltet, dass zu viel Geld in der Staatskasse liegen bleibt. Dabei braucht die TU Chemnitz das Geld dringend, um neue Aufgaben in Lehre und Forschung bewältigen zu können. Die Chemnitzer Hochschule ist international. Sie zu stärken, fördert Vielfalt und Weltoffenheit in unserer Stadt. Das ist mir ein Herzensanliegen, dafür brauche ich keine Parteidisziplin üben.
Sie sehen: GRÜNE Politik für Sachsen ist immer auch Politik für Chemnitz und den Wahlkreis. Oder wo konkret befürchten Sie denn, dass es Interessenskonflikte zwischen meiner Partei und meinen Aufgaben im Wahlkreis gibt?
Mit freundlichen Grüßen,
Volkmar Zschocke