Thema Migration
Sehr geehrter Herr Zschocke, ist ihre Meinung zur Migration deckungsgleich mit der Bundesauffassung, welche am Wochenende von Ricarda Lang im Sommergespräch vertreten wird?
LG
Jürgen M./Wochenendspiegel=Regionalspiegel
Sehr geehrter Herr M.,
meine Meinung ist nicht vollständig deckungsgleich mit der von Ricarda Lang. Einige Punkte würde ich deutlicher formulieren:
Ja, der Sinkflug der BÜNDNISGRÜNEN hat nichts mit der Migrationsfrage zu tun. Er ist vielmehr das Ergebnis einer flächendeckenden Verhetzung, wie ich sie in über 30 Jahren politischer Erfahrung noch nicht erlebt habe. Viele Politiker anderer Parteien beteiligen sich am beliebten Volkssport Grünen-Bashing. Es gibt keinen Kanal in den sozialen Medien, der nicht mit Grünenhass geflutet ist. Diese Propagandawelle wird zu großen Teilen maschinell und auch im Ausland produziert und erreicht besonders die jungen Wählerinnen und Wähler.
Ja, wir nehmen die Sorgen derer ernst, die vor einer Überforderung durch zu viele Geflüchtete warnen. Ich bin selbst Stadtrat und weiß, wie enorm die Kosten sind. Ich höre und lese jedoch häufig, wie hinter solchen Sorgen massive Vorurteile zu Tage treten. Wenn jemand schreibt „Es ist der Abschaum, was hier in unser Land strömt“, ist das keine Sorge, sondern Menschenverachtung.
Ja, wir kämpfen dafür, die Arbeitsverbote aufzuheben. Es ist absolut unwürdig, Menschen zu verweigern, sich ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen und sie zum Teil über Jahrzehnte in die Abhängigkeit von Sozialleistungen zu zwingen. Das ist auch volkswirtschaftlich unsinnig, denn es gibt so viele Bereiche, wo dringend Arbeitskräfte benötigt werden.
Ja, wir lassen uns nicht von der AfD leiten, im Gegenteil. Wir stellen uns der deutschlandfeindlichen Politik der AfD entgegen. Diese Partei hat keine Lösungen für Migration. Sie setzt auf Abschottung und Vertreibung von Menschen, die nicht nur seit Jahrzehnten hier leben, sondern teilweise hier geboren, aufgewachsen und ausgebildet wurden.
Ja, wir haben auf europäischer Ebene schwierige Entscheidungen mitgetragen die jetzt in Deutschland umgesetzt werden müssen. Ich würde noch weiter gehen: Es braucht insgesamt gleiche Standards und Regeln in allen europäischen Ländern, um die Lasten gerecht zu verteilen. Die globalen Entwicklungen verlangen nach einem starken, gemeinsamen Europa. Die rasant steigenden Herausforderungen kann künftig kein europäisches Land allein bewältigen. Wenn in Größenordnung anti-europäische Parteien gewählt werden, die auf nationalstaatliche Lösungen setzen, drohen enorme Gefahren für die innere und äußere Sicherheit.