Frage an Mathias Volkmar Zschocke von Andreas G. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Zschocke,
Eine Frage zur Bildungspolitik. Gemäß dem Schulgesetz für den Freistaat Sachsen gilt für Grundschulen für die erste einzurichtende Klasse je Klassenstufe eine Mindestschülerzahl von 15 Schülern (§4a Absatz 1). Unter §4a Ansatz 4 werden einzelne Punkte aufgezählt, wann es in begründeten Ausnahmefällen zu Abweichungen von dieser Mindestschülerzahl kommen kann. Bei diesen gibt es sicherlich jeweils einen gewissen Ermessensspielraum.
In Chemnitz besteht immer wieder die Gefahr, dass insbesondere in den Randbereichen (bspw. Mittelbach, Klaffenbach, Kleinolbersdorf) die erwähnte Mindestschülerzahl nicht erreicht wird und die Schließung der Grundschule droht. Im ländlichen Raum ist dies sicher noch dramatischer.
Wie stehen Sie und Ihre Partei zum Konzept der Einklassenschulen oder auch Mehrklassenschulen, in denen beispielsweise je zwei oder je drei Jahrgangsklassen gemeinsam unterrichtet werden? Dieses Konzept wird im europäischen Ausland in dünn besiedelten Gebieten, jedoch auch im Stadtrandbereich, bereits seit Jahrzehnten umgesetzt. Wichtige Infrastruktur vor Ort kann so erhalten werden und den Grundschülern bleiben weite Wege erspart.
Bitte begründen Sie, welche Punkte aus Ihrer Sicht dafür oder dagegen sprechen. Wäre evtl. auch eine Lockerung der Mindestschüleranzahl im Schulgesetz aus Ihrer Sicht ein erster Schritt?
Vielen Dank und viele Grüße
Sehr geehrter Herr G.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Wie Sie sicher verfolgt haben, wurde das Schulgesetz in der aktuellen Legislatur novelliert. Seitdem sind in § 4a nicht nur die Mindestschülerzahlen nach Schulart (samt Ausnahmefällen) normiert, sondern – in § 4b – auch besondere Regelungen für Schulstandorte im ländlichen Raum, d.h. außerhalb von Mittel-und Oberzentren. Diese Neuregelung dient explizit dem Zweck, kleine (Grund-)Schulen zu erhalten. Sie können fortgeführt werden, sofern entweder eine Gesamtschülerzahl von mindestens 60 Schüler*innen erreicht oder jahrgangsübergreifender Unterricht eingeführt wird. Schulträger haben darüber hinaus die Möglichkeit, durch ihre Schulnetzplanung und die Festlegung von Schulbezirken Einfluss auf die Schüler*innen-Zahlen an den einzelnen Standorten zu nehmen.
Wir haben uns als GRÜNE lange für differenzierte Lösungen bei den Mindestschülerzahlen zwischen Ballungszentren und ländlichem Raum eingesetzt und die Neuregelungen im Schulgesetz explizit begrüßt. Wir sind zudem grundsätzlich für das Konzept des jahrgangsübergreifenden Unterrichts – nicht nur zum Erhalt kleiner Schulstandorte, sondern auch, weil wir darin einen geeigneten pädagogischen Ansatz sehen.
Gleichwohl steht, v.a. bei Schulen in (Randlagen von) Oberzentren, die Frage im Raum, ob wirklich jeder Standort mit noch so wenig Schüler*innen erhalten werden kann, wenn o.g. Maßnahmen nicht greifen bzw. gewollt sind und damit keine langfristige Planungssicherheit existiert. Der Freistaat steht in der Pflicht für einen verantwortungsvollen Ressourceneinsatz, insbesondere auch bei den Lehrer*innen. Falls der Erhalt einer Schule nicht möglich bzw. zu verantworten ist – die Zahl sogenannter Mitwirkungszüge bewegt sich aktuell allerdings gegen null –, sind wir jedoch für unkonventionelle, neue Lösungen offen, etwa für eine Umwandlung kleiner Schulen in Außenstellen mit Anbindung an andere Schulstandorte. So bleibt den Kindern die Schule vor Ort erhalten und ein langer Schulweg erspart.
Mit freundlichen Grüßen
Volkmar Zschocke