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Martina Stamm-Fibich
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Frage von Jochen T. •

Frage an Martina Stamm-Fibich von Jochen T. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Martina Stamm,
als Mitglied des Petitionsauschuss wende ich mich an sie,
ich hätte gerne von ihne gewusst, warum die Petition 73900, welche die größte Petition vom 25.9.2017
mit über 82.000Stimmen war, bisher immer noch in der Parlamentarischen Prüfung verstockt(Tel.Nachfrage)?
Wir haben damals viele Stimmen gesammelt,uns für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt und wollten natürlich nicht das dies seit 2Jahren einfach verschleppt wird.
Bitte schieben sie endlich die Bearbeitung an und geben sie
Empfehlungen an die Regierung und an den Bundestag ab.
Hochachtungsvoll J.T.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr T.,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Petitionsverfahren 73900. Ich kann Ihren Frust über die lange Bearbeitungsdauer sehr gut nachvollziehen. Als stellvertretende Vorsitzende des Petitionsausschusses ist es mein Anspruch Petitionsverfahren möglichst zügig durchzuführen. Im Falle der Petition 73900 hat die Dauer des Verfahrens etwas mit den internen Prozessen im Deutschen Bundestag zu tun. Denn wenn parallel zu einer Petition ein Gesetzentwurf oder ein Antrag im zuständigen Fachausschuss beraten werden, dann wird die Petition in diesem Verfahren mitberaten. Das ist an sich ein sinnvolles Verfahren, weil man damit die Möglichkeit schafft, dass Petitionen nicht isoliert betrachtet werden, sondern im Zuge der Gesetzgebung. Und damit kann man durchaus etwas bewegen.

Im Falle der Petition 73900 verhält sich die Sache leider etwas komplizierter. Denn der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN, dem die Petition zugeordnet wurde, wird im zuständigen Ausschuss nicht abschließend beraten, sondern immer wieder verschoben.

Meine Einschätzung: Es fehlt die Bereitschaft, vielleicht auch der Mut, in dieser Sache etwas zu bewegen.

Ich persönlich bin der Meinung, dass es längst an der Zeit ist Mut zu beweisen und endlich zu handeln. Meiner Meinung nach muss sich eine verantwortungsvolle Drogenpolitik in erster Linie daran messen lassen, ob sie wirksamen Gesundheits-, Verbraucher- und Jugendschutz ermöglicht. Gemessen daran ist unsere aktuelle Cannabis-Verbotspolitik ganz offenkundig gescheitert. Deshalb setze ich mich für eine Reform der bisherigen Cannabis-Politik ein.

Wir brauchen eine Cannabis-Politik, die Konsumentinnen und Konsumenten wirksam schützt, den Handel mit Cannabis reguliert und gesellschaftliche Realitäten im 21. Jahrhundert anerkennt. Deshalb glaube ich, dass es notwendig ist, in einem ersten Schritt kommunale Modellprojekte zur regulierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu ermöglichen und gleichzeitig Prävention und Frühintervention zu stärken.
Die derzeitige Kriminalisierung und Stigmatisierung der Cannabis-Konsumentinnen und -Konsumenten verhindert wirksame Präventions- und Aufklärungsarbeit. Deshalb ist es sinnvoll, den Besitz kleiner Mengen Cannabis künftig nicht mehr strafrechtlich zu verfolgen, sondern als Ordnungswidrigkeit zu behandeln. Das würde den Zugang zu den Konsumentinnen und Konsumenten erheblich erleichtern.
Cannabis-Konsum gehört heute wie Alkohol-Konsum zur Lebensrealität in unserer Gesellschaft. Der Konsum von Cannabis lässt sich praktisch genauso wenig verhindern wie der von Alkohol. Im Gegensatz zu Alkohol ist es bei Cannabis aufgrund der bisherigen Verbotspolitik aber derzeit weder möglich Qualität und Wirkstoffgehalt zu kontrollieren, noch lässt sich ein vernünftiger Jugendschutz gewährleisten. Gerade junge Menschen leiden aber besonders unter den Folgen der Verbotspolitik.

Die Entkriminalisierung würde außerdem Strafverfolgungsbehörden und Justiz erheblich entlasten, da ein Ordnungswidrigkeitenverfahren mit deutlich geringerem Aufwand bearbeitet werden kann als ein Strafverfahren. Das würde Ressourcen für wirksame Prävention und Aufklärung sowie für einen konzentrierten Kampf gegen den illegalen Drogen-Großhandel frei machen.
Dass eine solche liberale Drogenpolitik erfolgreich sein kann, sehen wir beispielsweise in Portugal. Dort ist der Drogenkonsum allgemein und insbesondere bei jungen Menschen durch eine liberale Drogenpolitik stark gesunken.

Zum Abschluss möchte ich noch anmerken, dass ich nichts davon halte, die Gefahrenpotenziale verschiedener Drogen gegeneinander aufzuwiegen. Weil die Palette der auf der Straße erhältlichen Drogen sehr breit ist und sich die gesundheitlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen je nach Substanz stark unterscheiden, müssen wir uns jede Droge einzeln anschauen und dann genau überlegen, welche Maßnahmen für den Schutz der Bevölkerung am meisten Sinn machen. Für den Fall Cannabis kann ich Ihnen jedoch versichern, dass ich eine Verbotspolitik für gescheitert halte.

Mit freundlichen Grüßen

Martina Stamm-Fibich
Mitglied des Deutschen Bundestages

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