Frage an Martina Stamm-Fibich von Martin F. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Frau Stamm-Fibich
ca. 6,5 Millionen Direktversicherte oder Betriebsrentner in der BRD fühlen sich „erst angelockt und dann abgezockt“ wenn der bereits vor 2004 geschlossene Vertrag zur
vermeintlich privaten Altersvorsorge ausgezahlt wird. Denn dann müssen ca. 20% der selbst angesparten Auszahlungssumme an die GKV abgeführt werden.
Auch ich gehöre zu den Betroffenen und habe an Sie als gewählten Vertreter im Deutschen Bundestag Fragen:
Wie wollen Sie bzw. Ihre Partei diese Ungerechtigkeit in der privaten
Altersvorsorge, in Form der doppelten Beiträge zur Kranken-und Pflegeversicherung beseitigen?
Wie erklären Sie bzw. ihre Partei den Betroffenen und gleichzeitigen
Wählern den Eingriff in bestehende Verträge?
•Der uralte Grundsatz (pactasundservanda) also das Prinzip der Vertragstreue im Recht ist einfach ausgehebelt worden.
Derzeit verfügen die GKV über ein finanzielles Polster von ca. 30Mrd. €.
Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Ausgleichszahlung durch den Bund an die GKV für die ALG II-Empfänger findet bisher nicht statt.
Wann wird die „Abzocke“ der Direktversicherten und Betriebsrentner
endlich gestoppt und ein Lastenausgleich der betroffenen Bürger,
einschließlich derer die bereits zahlen oder schon gezahlt haben, vorgenommen?
Ich bitte um Beantwortung der Fragen und freue mich auf eine Rückmeldung von Ihnen.
Und ich bitte um Unterstützung bei der Beseitigung dieser Ungerechtigkeit.
Vielen Dank
Mit freundlichen Grüßen
M. F.
Sehr geehrter Herr F.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Nach langen und zähen Verhandlungen haben wir nun endlich eine Lösung für Direktversicherte und Betriebsrentner gefunden. Denn mit der Entscheidung über die Einführung einer Grundrente haben wir auch eine Regelung für die Krankenkassenbeiträge auf Betriebsrenten beschlossen. Deshalb kann ich Ihnen nun endlich eine erschöpfende Antwort geben.
Aktuell gilt ab einer Freigrenze in Höhe von 155,75 Euro der volle Krankenkassenbeitrag, d.h. der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberanteil. Unterhalb dieser Grenze fallen keine Beiträge an, liegt die Betriebsrente jedoch nur einen Euro darüber, muss auf die gesamte Summe der Beitrag gezahlt werden. Das verringert die Attraktivität von Betriebsrenten.
Daher wird die geltende Freigrenze in einen dynamisierten Freibetrag umgewandelt, ab 2020 zunächst in Höhe von 159,25 Euro. Dies bedeutet, dieser Freibetrag bleibt für alle Betriebsrenten frei von Krankenversicherungsbeiträgen. Wer eine Betriebsrente bekommt, wird im Jahr 2020 um rund 300 Euro entlastet.
Mindestens 60 Prozent der Betriebsrentnerinnen und -rentner zahlen dann de facto maximal den halben Beitragssatz, die weiteren 40 Prozent der Betriebsrentnerinnen und -rentner werden spürbar entlastet. Diese Regelung gilt im Übrigen auch für Einmalzahlungen aus Direktversicherungen. Hier werden die Krankenkassenbeiträge, die ja auf zehn Jahre berechnet werden, durch den Freibetrag künftig um rund 3.000 Euro gesenkt. Die Kosten in Höhe von 1,2 Milliarden Euro jährlich werden vollständig aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) finanziert.
Für den Pflegeversicherungsbeitrag gilt nach wie vor die Freigrenze. Hier ändert sich nichts am Beitrag.
Es ist richtig, dass es keine rückwirkende Lösung für bereits gezahlte Beiträge geben wird. Das ist angesichts des erforderlichen Finanzvolumens nicht möglich und stand auch nicht zur Diskussion. Dafür soll der Freibetrag ab 1.1.2020 auch für diejenigen gelten, die bereits in der Auszahlungsphase sind. Mir ist klar, dass diese Lösung die Forderungen vieler Betriebsrentnerinnen und –rentner nicht vollkommen erfüllt. Aber: Maximalforderungen sind in einer Demokratie selten eins zu eins umsetzbar.
Und: Die Lösung ist ein deutliches Signal für die Stärkung der betrieblichen Altersversorgung.
Mit freundlichen Grüßen
Martina Stamm-Fibich