Frage an Martina Stamm-Fibich von Herbert K. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Stamm-Fibich,
warum wird bei dem Sterbehilfegesetz nur über die Menschenwürde von Schwerstkranken und den Möglichkeiten der Palliativmedizin diskutiert?
Meine beiden Eltern haben Alzheimer und vegitieren nur noch in einem Heim vor sich hin.
Wenn jemand wirklich über Menschenwürde im Alter diskutieren möchte, sollte er einmal 4 Wochen in solch einem Pflegeheim arbeiten. Dann weiss er, warum man Panik vor dem Älterwerden bekommen kann.
Warum hilft man diesen Menschen (oder dann in einigen Jahren mir) nicht, in Würde und selbstbestimmt sterben zu dürfen?
Mit freundlichen Grüßen
Herbert Killermann
Sehr geehrter Herr Killermann,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Sterbehilfe.
Sie sprechen ein Thema an, das mir persönlich sehr nahe geht.
Ich habe mich entschieden den Antrag von Frau Abgeordnete Katja Keul zu unterstützten. Leider hat der Antrag keine ausreichende Zahl an Unterstützern gefunden und wurde somit nicht am Donnerstag, den 2. Juli im Plenum des Deutschen Bundestages debattiert.
Der Antrag wendet sich gegen jede strafrechtliche Änderung der Gesetzeslage im Hinblick auf die Beihilfe zum Suizid. Menschen, die sich, aus welchen Gründen auch immer, mit dem Gedanken tragen, ihr Leben selbst zu beenden, sollen uneingeschränkt Zugang zu ergebnisoffener Beratung und Unterstützung haben. Auf diesem Wege können sie möglicherweise auch wieder von ihrem Vorhaben Abstand nehmen. Ob diese Menschen sich ihren Angehörigen oder dem Arzt ihres Vertrauens zuwenden oder aber einem unabhängigen Sterbehilfeverein, sollte ihre Entscheidung bleiben und nicht vom Gesetzgeber vorgeschrieben werden.
Einigkeit herrscht in der Diskussion darüber, dass neben der gesetzlichen Änderung der Beihilfe zum Suizid, eine Stärkung der Hospiz- und Palliativversorgung notwendig ist, um den Bedürfnissen schwerstkranker Menschen am Lebensende gerecht zu werden.
Bei der Debatte um die Sterbehilfe tragen wir eine hohe ethische Verantwortung. Der begleitete Freitod von Demenzkranken ist deshalb ein sehr brisantes Thema. Ich persönlich stelle mir hier vor allem zwei Fragen: Wie lässt sich die Urteilsfähigkeit eines dementen Menschen bestimmen? Wann, wie schnell und unter welchen Umständen büßt er sie ein?
Vor diesem Hintergrund finde ich es richtig, dass beispielsweise der Gesetzentwurf von Reimann/Lauterbach/Lischka/Hintze in seinen Voraussetzungen für eine ärztliche Suizidhilfe Personen, die unter einer psychischen Erkrankungen oder Demenz leiden, ausschließt.
Derzeit befindet sich das sog. Hospiz- und Palliativgesetz im parlamentarischen Verfahren. Hauptinhalt des Gesetzesentwurfes ist die Stärkung der Versorgung Demenzkranker. Im Kern wird mehr Geld für die Pflege Demenzkranker bereitgestellt werden. Die Begleitung und Versorgung Sterbender an allen Orten wird gestärkt werden - zu Hause, in Pflegeheimen oder in Krankenhäusern. Außerdem rückt mit dem Gesetz die seit Jahren umkämpfte Besserstellung von Demenzkranken näher. Das Kabinett hat ein sog. Vorschaltgesetz zur Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs beschlossen. Bei den bisherigen drei Pflegestufen fielen die Bedürfnisse von Demenzkranken oft durch das Raster, weil vor allem körperliche Einschränkungen berücksichtigt wurden. Bis spätestens 2017 wollen wir einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff mit dann fünf Pflegegraden einführen.
Sehr geehrter Herr Killermann, ich hoffe, dass die geplanten Verbesserungen auch bei Ihren Eltern ankommen.
Mit freundlichen Grüßen
Martina Stamm-Fibich