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Martina Stamm-Fibich
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Frage von Judith Eckstein-De Castro, D. •

Frage an Martina Stamm-Fibich von Judith Eckstein-De Castro, D. bezüglich Frauen

Sehr geehrte Frau Stamm-Fibich,

mit Sorge betrachte ich die in Deutschland nach Schutz suchenden Menschen aus Nordafrika und dem Nahen Osten. Besonders geht es mir um die Frauen und Kinder.

Bei mir verfestigte sich immer mehr der subjektive Eindruck, dass es sich bei den meisten Flüchtlingen um junge Männer handelt. Grundlage dafür waren meine persönlichen Alltagserfahrungen, sowie Bilder von Flüchtlingsunterkünften in Zeitung und Fernsehen.

Da ich mich nicht einfach auf mein Bauchgefühl verlassen wollte suchte ich belegbare Zahlen. Auf der Homepage der EU sind diese leicht zu finden (siehe Anhang). Und tatsächlich: In der Gruppe der 18- bis 34-Jährigen sind 2/3 bis 3/4 aller Asylbewerber männlich. In der Gruppe unbegleiteter Minderjähriger sind es sogar 80 Prozent.

Die Frage, die ich mir stelle: Was passiert mit den Frauen? Was passiert mit den Mädchen? Werden diese einfach zurück gelassen? Sind diese etwa weniger schutzbedürftig als Männer!?

Ihre Meinung zu diesem Punkt, speziell, ob Ihre Partei dagegen etwas unternehmen will, interessiert mich sehr.

Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Judith Eckstein-De Castro

Quelle: http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Asylum_statistics/de Zitat: "Die Verteilung nach Geschlecht zeigt, dass es sich bei den Asylbewerbern häufiger um Männer als um Frauen handelte. ... Bei den Asylbewerbern in den Altersgruppen der 14 bis 17-Jährigen bzw. der 18 bis 34-Jährigen war die Geschlechterverteilung ungleichmäßiger – hier waren zwei Drittel bis drei Viertel der Bewerber männlich. Betrachtet man die unbegleiteten Minderjährigen, so waren die geschlechtsspezifischen Unterschiede noch klarer; hier waren etwa vier von fünf unbegleiteten minderjährigen Asylbewerbern männlich."

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Dr. Eckstein-De Castro,

herzlichen Dank für Ihre Frage zum Thema Frauen auf Abgeordnetenwatch.de. Ich kann Ihre Sorgen sehr gut nachvollziehen und habe für die Beantwortung Ihrer Frage Kontakt zur Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Aydan Özoguz, aufgenommen.
In der Tat haben Sie Recht, dass es mehr Männer als Frauen sind, die sich auf den gefährlichen Weg begeben, nach Europa zu fliehen. Es ist ja auch irgendwie nachvollziehbar, dass generell mehr junge Männer diesen beschwerlichen Weg - häufig sogar alleine - wagen und schaffen. Die Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für das Jahr 2014 zeigen (wie auch Ihre Quelle) hierbei ein Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Asylbewerbern von ziemlich genau zwei Drittel zu einem Drittel. Bei den Flüchtlingsgruppen im Alter der unter 16 als auch über 50 Jährigen wird hier jedoch darauf verwiesen, dass der Anteil zwischen männlichen und weiblichen Schutzsuchenden in etwa gleich groß ist. ( http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/broschuere-bundesamt-in-zahlen-2014-asyl.pdf?__blob=publicationFile )

Als Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion für Kinder- und Jugendgesundheit liegen mir gerade die minderjährigen Flüchtlinge am Herzen. Kinder und Jugendliche, die allein nach Deutschland fliehen, brauchen unseren besonderen Schutz. Derzeit werden sie an ihrem Einreiseort in Obhut der Jugendämter genommen und nicht wie erwachsene Flüchtlinge auf die Bundesländer verteilt. Die Aufnahmekapazitäten für Kinder und Jugendliche sind aber in einigen Kommunen ausgeschöpft, weshalb wir eine faire Verteilung im Bundesgebiet brauchen.

Ich unterstütze deshalb den von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher. Künftig sind die Jugendämter gehalten, zentrale Punkte des Kindeswohls in einem Prüfverfahren, nach Möglichkeit innerhalb von einer Woche nach der Einreise des unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings abzuklären. Innerhalb von zwei Wochen muss festgelegt werden, wo der künftige Aufenthaltsort sein wird. Nach Ablauf von vier Wochen bleiben die Jugendlichen am ursprünglichen Ankunftsort. Diese Vorgaben wirken auf eine Vereinheitlichung des Verfahrensablaufs hin; längere Phasen „in der Schwebe“ wird es künftig in der gegenwärtigen Form nicht mehr geben.

Um die betroffenen Kommunen, die auch in Bereichen abgesehen von der Aufnahme von Minderjährigen an ihre Grenzen stoßen, setzt sich die SPD-Bundesfraktion zudem dafür ein, dass sich der Bund stärker als bisher geplant an den Kosten für Flüchtlinge beteiligt. Wir müssen Asylbewerbern eine Chance geben, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren. Hierfür benötigen wir Verfahren, die rasch klären, ob ein Recht auf Asyl besteht oder nicht. Die anvisierte Bearbeitungszeit von drei Monaten ist noch nicht erreicht. Die SPD-Bundesfraktion setzt sich daher dafür ein, die Stellen des Bundesamtes für Migration und Asyl nochmals aufzustocken.
Abgesehen von diesen Maßnahmen, welche das Ziel haben, die Situation der Asylbewerberinnen und Asylbewerber in Deutschland zu verbessern, müssen aber auch weitere Maßnahmen getroffen werden, welche den Menschen vor Ort und auf ihrem Weg nach Europa helfen. Hierfür sehen wir die Notwendigkeit, Menschen in Not zu retten, legale Migrationswege für Bürgerkriegsflüchtlinge zu schaffen und die Fluchtursachen zu bekämpfen. Die SPD-Fraktion wird sich deshalb für weitreichendere Maßnahmen einsetzen. Kritisch sehen wir die Konzentration der geplanten Maßnahmen auf Grenzkontrollen und der Abwehr von Migrationsströmen. Eine Abschottung der EU vor Flüchtlingen ist weder realistisch noch menschlich.

Ich hoffe, dass ich Ihnen einen groben Überblick über die Vorhaben meiner Partei bezüglich Migrationsthemen geben konnte. Zögern Sie bitte nicht, mir weitere Fragen zukommen zu lassen.

Mit freundlichen Grüße
Martina Stamm-Fibich

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