Frage an Martina Bunge von Alexander W. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Dr. Bunge,
in Niedersachsen erprobt die AOK gemeinsam mit der Firma I3G, einer Tochtergesellschaft des Pharmakonzern Janssen-Cilag, die Integrierte Versorgung psychisch Kranker. Erstmals übernimmt damit ein gewinnorientiertes Unternehmen der Pharmabranche die Komplettversorgung von Patienten.
Ich halte dies für äußerst bedenklich und habe die Sorge, dass dieses Modell Schule macht und Pharmafirmen künftig nicht nur Medikamente bereitstellen, sondern auch darüber entscheiden, wie Kranke zu behandeln sind. Die Nachteile der Privatisierung des Gesundheitswesen sehen wir in den USA. Dort gibt es die Integrierte Versorgung ("Managed Care") bereits seit langem. Ergebnis ist, dass Ärzte ihre Patienten nicht mal über alternative und ggf. bessere Behandlungsmöglichkeiten informieren dürfen, weil Pharmaunternehmen die Vorschriften setzen.
Wie schätzen Sie diese Situation ein und wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass in Deutschland die Profitinteressen und das Renditestreben der Pharmaindustrie nicht zu Lasten der Beratungs- und Behandlungsqualität von Patienten geht?
Ich freue mich auf Ihre Antwort! Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen,
Alexander Woletz
Sehr geehrter Herr Woletz,
vielen Dank für Ihre Frage.
Dass Pharmafirmen nicht nur ihre Produkte, sondern gleich ganze Versorgungsmodule anbieten, die auf ihre eigenen Produkte abstellen, ist sehr kritisch zu betrachten. Die Möglichkeit der Teilnahme an der integrierten Versorgung wurde durch die Regierung im Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) geschaffen und von meiner Fraktion DIE LINKE scharf kritisiert und abgelehnt. Schwarz-Gelb hat mit seiner neoliberalen Wirtschaftsausrichtung wenig Skrupel, die Gesundheitsversorgung der Menschen in die Hand von Pharmakonzernen zu legen. Diese Unternehmen haben als einziges Ziel, ihren Gewinn zu erhöhen. Zu Recht benennen Sie die Gefahr, dass Pharmaunternehmen über diesen Weg Einfluss auf Behandlerinnen, Behandler, Patientinnen und Patienten nehmen, um Ihre Produkte besser zu verkaufen. Dass durch Verträge einzelner Krankenkassen mit diesen Pharmakonzernen, die Wahlfreiheit bei Behandlungen gefährdet wird, liegt ebenso auf der Hand. Dies ist auch bei allen Rabattverträgen und anderen Selektivverträgen (Verträge einzelner Kassen mit Leistungsanbietern wie z.B. Pharmakonzernen) gegeben. Daher geht die Forderung meiner Fraktion über das Verbot solcher Versorgungsformen hinaus, in denen Pharmakonzerne Komplettangebote für die Behandlungen bestimmter Krankheiten anbieten. Wir fordern die komplette Streichung aller Selektivverträge und eine Rückkehr zu den Kollektivverträgen, wo die Krankenkasse mit einer Stimme verhandeln können.
Mit besten Grüßen
Martina Bunge