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Martina Bunge
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Frage von Florian F. •

Frage an Martina Bunge von Florian F. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Damen und Herren,
als leitender Mitarbeiter im Bereich der ambulanten Pflege möchte ich ihnen folgende Fragen stellen.

Wie werden die Rahmenbedingungen für Pflege nach Ihren politischen Zielen in 5 Jahren aussehen?
Wie hoch schätzen sie den Overhead ein welcher im Bereich der ambulanten Pflege aktuell notwendig ist um die gesetzlichen Voraussetzungen zu erfüllen?
Wie sehen Sie die Entwicklung in der Pflegebranche und wie sehen sie im Vergleich die Entwicklung im Bereich der ambulanten Pflege?
Wie sehen sie den Aspekt dass Patienten welche einen höheren Pflegebedarf haben als ihre Pflegestufe vorsieht, für eine Höherstufung der Zeitwert jedoch nicht ausreicht, Rechnungen aus ihrer privaten Kasse begleichen müssen und tlw. Hierdurch Abhängig von der Sozialhilfe werden?
Welche Verbesserungen möchten sie in den Bereich der ambulanten Pflege einbringen?
Vielen Dank für ihre Antwort.

Portrait von Martina Bunge
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Franke,

vielen Dank für Ihre Frage.

DIE LINKE streitet für ein neues Verständnis von Pflege: Wir setzen uns ein für eine ganzheitliche Pflege, die allen Menschen eine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglicht. Denn Pflege bedeutet mehr, als "still, satt und sauber" zu sein. Die Betreuung von Menschen mit einer erheblich eingeschränkten Alltagskompetenz - zum Beispiel von Menschen mit einer demenziellen Erkrankung - ist angemessen in der Pflegeabsicherung zu berücksichtigen. Ein großer Teil des tatsächlichen Bedarfs wird nicht abgedeckt (z. B. Verrichtungen des täglichen Lebens), stattdessen ist die Pflege überwiegend auf körperliche Krankheiten ausgerichtet. Neben der individuellen Pflege, Beaufsichtigung und Anleitung muss Raum für Kommunikation und soziale Teilhabe geschaffen werden. Deshalb unterstützen wir den Vorschlag des "Beirats zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs" vom Januar 2009 für ein neues Verständnis von Pflege. "Menschen mit Pflegebedarf haben ein Recht auf qualitätsgesicherte, an ihrem persönlichen Bedarf ausgerichtete, Fähigkeiten fördernde und menschenwürdige Pflege, Unterstützung und Zuwendung bis zum Lebensende." Wir drängen darauf, den neuen Pflegebegriff rasch umzusetzen. Das Begutachtungsverfahren zur Feststellung des Grades von Pflegebedürftigkeit ist dementsprechend anzupassen. Pflege und Assistenz müssen sich künftig individuell an der Situation des betroffenen Menschen ausrichten: Alte Menschen bedürfen einer anderen Pflege als Kinder, Frauen einer anderen als Männer. Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz sind auf eine engmaschige Betreuung angewiesen. Damit eine solche Neuausrichtung gelingt, muss das Leistungsniveau der Pflegeversicherung deutlich angehoben werden.
DIE LINKE fordert eine adäquate Qualifizierung und Vergütung von Fachpersonal in der ambulanten und stationären Pflege und die Einführung einer verbindlichen, bundesweit einheitlichen, qualitätsbezogenen Personalbemessung. Arbeit in der Pflege sollte attraktiver gestaltet und gesellschaftlich und finanziell aufgewertet werden. Die Pflegekassen haben dafür Sorge zu tragen, dass nur mit solchen Anbietern Verträge abgeschlossen werden, deren Beschäftige entweder zu Tarifbedingungen beschäftigt werden oder den Mindestlohn in der Pflege erhalten.
Es gibt ein großes Bedürfnis der Menschen zu Hause gepflegt zu werden. Wir brauchen dafür eine genügend große Menge an professionellen Pflegerinnen und Pflegern, da sich die Familienstrukturen stark verändert haben und weiter verändern und auch die Arbeitswelt im Umbruch ist.
Für eine verbesserte stationäre Versorgung im Sinne der Heimbewohnerinnen und Heimbewohner sind die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten von Heimräten zu erweitern.
Senior/innen sind auf Wunsch Pflegerinnen zur Verfügung zu stellen. Qualifiziertes Personal in der Pflege und Betreuung darf nicht durch Ehrenamtliche ersetzt werden.
Die solidarische und stabile Finanzierung der Pflege muss sichergestellt werden. Nur so kann eine Pflege ermöglicht werden, die sich am individuellen medizinischen und persönlichen Bedarf orientiert. Zukünftig werden mehr Menschen Leistungen der Pflegeversicherung beziehen. Mit der solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung wollen wir die Pflegeversicherung dauerhaft stabil finanzieren und für soziale Gerechtigkeit sorgen: Alle Menschen - auch heute privat Versicherte - zahlen entsprechend ihrem Einkommen aus Löhnen, Gewinnen, und Kapitalerträgen in die Bürgerversicherung ein. Die Arbeitgeber übernehmen die Hälfte der Pflegeversicherungsbeiträge ihrer Beschäftigten auf Löhne und Gehälter. So macht DIE LINKE die Pflegeversicherung fit für die Zukunft! Eine Kapitaldeckung lehnt DIE LINKE aufgrund der Risiken ab.
Oftmals werden Kosten, die nichts direkt mit der Pflege zu tun haben, als Overheadkosten bezeichnet. Es gibt keinen gängigen einheitlich definierten Begriff hierfür. Gerne werden solche Kosten in der politischen Diskussion als "Wasserkopf" bezeichnet. Das ist rein populistisch. Viele administrative Aufgaben haben durchaus einen Sinn. Verwaltungskosten sind nicht nur negativ, bestimmte Dienstleistungen z. B. Dokumentation, Fortbildungen oder Personalplanung verbessern die Versorgungsqualität.
Dennoch lohnt es sich, die Overheadkosten im konkreten Fall genauer zu analysieren. Bei privaten Pflegediensten ist es so, dass in diesem Teil der Overheadkosten auch die Renditen "versteckt" sind. Das was bei Wohlfahrtsverbänden als Umlagen oder Verwaltungsgemeinkosten verbucht wird, ist bei privatwirtschaftlichen Unternehmen die Rendite. Sie steckt dann oft in Positionen wie "Geschäftsführungs-Gehältern". Spart man z.B. an den eigentlichen administrativen Kosten, bleibt mehr an Rendite übrig.

Mit freundlichen Grüßen

Martina Bunge