Frage an Martin Pätzold von Sabine S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Pätzold,
als Wählerin in Ihrem Wahlkreis habe ich drei Fragen zur Flüchtlingspolitik. Bundesinnenminster de Maizière möchte den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte, der bis zum 6.März 2018 ausgesetzt ist, auch darüber hinaus nicht zulassen.
(1) – Ist für Sie Familiennachzug z.B. für syrische Geflohene ein Weg zum Gelingen der Integration, der schnell wieder verfügbar sein muss?
(2) – Befürworten Sie die in Berlin, Brandenburg, Thüringen, Hamburg und Schleswig-Holstein noch existierenden Landesaufnahmeprogramme, die den Familiennachzug auf der Basis privater Bürgschaften ermöglichen, wie sie zum Beispiel die FLÜCHTLINGSPATEN SYRIEN e.V. organisieren?
(3) – Werden Sie sich nach der Wahl in Ihrer Partei dafür einsetzen, ein bundesweites Programm zu realisieren, das dies möglich macht?
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Das Gelingen der Integration stellt unsere Gesellschaft vor enorme Herausforderungen. Wir haben in den letzten Monaten und Jahren bereits einiges geleistet, müssen jedoch auch in Zukunft offen und aufmerksam bleiben.
Der Familiennachzug spielt bei der Diskussion um die nächsten Schritte auf dem Weg zu einer guten Integrationspolitik eine große Rolle. In der Familie finden wir Halt und Kraft und sie kann ein bedeutender Faktor für die Integrationsbereitschaft sein. Durch den Familiennachzug kommen vor allem Ehegatten und minderjährige Kinder nach Deutschland. Letztere sind in Bezug auf die neue Kultur meist aufgeschlossener. Durch ihre Gemeinschaft mit in Deutschland aufgewachsenen Kindern in Einrichtungen wie der Schule, dem Kindergarten oder dem Sportverein kann auch eine Verbindung der Eltern zur deutschen Kultur und Gesellschaft geschlossen werden. Diversität und Akzeptanz für andere Kulturen sind wesentliche Eigenschaften, die Kinder in einer globalisierten Welt bereits in frühen Jahren lernen sollten.
Zu beachten ist allerdings auch, dass eine vollständige Integration nur dann gelingen kann, wenn sichergestellt ist, dass man über einen bestimmten Zeitraum in der neuen Umgebung bleiben wird. Deshalb ist es gerade in Fällen des Familiennachzugs bei subsidiär Schutzberechtigten nicht immer ratsam, die Familien einer neuen Gesellschaft gegenüber zu stellen, in der sie womöglich Freunde und Arbeit finden, die sie aber nach einer kurzen Zeit wieder verlassen müssen. Gerade für Kinder ist dieser stetige Wechsel nicht einfach. Ein weiterer Aspekt, der bei unbeschränktem Familiennachzug von Bedeutung sein würde, ist die Akzeptanz der Gesellschaft. Wir haben in den letzten Jahren eine Vielzahl an ehrenamtlichen Engagement, an Zusammenarbeit und Integrationsbereitschaft in der deutschen Bevölkerung erlebt. Allerdings müssen wir dennoch aufpassen, diese Offenheit in Zukunft nicht überzustrapazieren.
Daher haben CDU/CSU und die SPD als gemeinsame Koalition das Asylpaket II verabschiedet, in welchem unter anderem geregelt wird, dass bis März 2018 der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte ausgesetzt wird. Ob aus dieser befristeten Aussetzung eine verlängerte Regelung über das vereinbarte Datum hinaus werden soll, wird erst im Frühjahr entschieden werden. Dabei sind beide Seiten der Argumentation zu beachten und sachkundige Institutionen wie das Auswärtige Amt und die Verwaltungsgerichte beratend zur Seite zu ziehen.
Die Erfahrungen aus den von Ihnen erwähnten Programmen auf Basis privater Bürgschaften können uns bei der Entscheidungsfindung eine gute Orientierung sein. Vielleicht stellen diese auch einen zukunftsweisenden Ansatz in der Diskussion um den Familiennachzug dar, der auf die Bundesebene erweitert werden sollte. Dies wird sich jedoch erst in der Zukunft zeigen, auch wenn ich diesen Projekten grundsätzlich mit positiver Einstellung gegenüber trete.
Bei weiteren Rückfragen stehe ich Ihnen gerne unter martin.paetzold@bundestag.de zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Pätzold