Frage an Martin Lindner von Jürgen A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Lindner!
Seit Jahrzehnten habe ich den Eindruck dass in der Politik - vor allem vor Wahlen - von vielen Kandidaten das Blaue vom Himmel gesagt wird.
Wäre es nicht sinnvoll, dass Bürger durch entsprechende Wetten mehr Redlichkeit in die Aussagen bringen könnten?
Zwar sagt der Volksmund " Wer Lust hat zum Wetten, hat Lust zum Betrügen", doch habe ich oft feststellen können, dass allein die Frage: "Wie viel ist Ihnen Ihre Meinung eigentlich wert?" entweder das Gesprächsniveau heben konnte oder die Diskussion stark verkürzte.
Wie könnten dadurch auch Parlamentsdebatten gewinnen!
Natürlich ist mir klar, dass manche Fragen einen zu großen Zeithorizont haben bzw. zu komplex dafür sind und der Wetteinsatz auch die Möglichkeiten des Gegenübers berücksichtigen müsste, da sonst keiner eine Wette von Bill Gates halten könnte.
Wie stehen Sie zu diesem Vorschlag?
Warum lehnen Sie ihn ab bzw. bei positiver Antwort:
Sollten Politiker Ihren Wetteinsatz auch wie die Bürger privat leisten oder dazu Partei - bzw. Steuergelder einsetzen dürfen?
Ich bin auf Ihre Antwort sehr gespannt!
Mit freundlichen Grüßen Jürgen Aufermann
Sehr geehrter Herr Aufermann,
zunächst muss ich Ihnen Recht geben, dass viele Kandidaten Ihnen das Blaue vom Himmel versprechen.
So zum Beispiel der Regierende Bürgermeister Wowereit, der sich kurz vor der Wahl hinstellt und dreist behauptet, der Besuch einer Kindertagesstätte wird für alle kostenfrei, obwohl er noch in dieser Legislaturperiode die Beiträge massiv erhöht hat. Und das um bis zu 400 Euro pro Monat. Finanziert ist dieses Wahlversprechen natürlich auch noch nicht und keiner in der SPD weiß, wo das Geld herkommen soll. Zumal wenn das Bundesverfassungsgericht Berlin im Herbst einen rigiden Sparkurs vorschreibt. Wetten, dass Wowereit Ihre Einnerung an dieses Wahlversprechen im Münteferingschen Stil "unfair" finden wird? Jetzt wäre es sicherlich charmant, dass Sie mit Herrn Wowereit eine Wette abschließen, ob dies dann tatsächlich so eintrifft. Laufzeit 5 Jahre, gesetzt mit eigenem Geld, the winner takes it all.
Allerdings fällt es mir schwer, mir vorzustellen, wie dieses Modell dann umgesetzt wird, bzw. für alle zugänglich gemacht werden kann. Im Grunde kommt doch die Demokratie mit der Möglichkeit, Parteien für gute Politik zu wählen und für schlechte Politik eben auch abzuwählen, Ihrem Vorschlag recht nahe.
Sie haben am Sonntag die Chance die SPD und die PDS abzuwählen, wenn Sie der Auffassung sind, dass deren Versprechen nicht umgesetzt wurden (und die Politik der letzten fünf Jahre rot-rot kann man schon unter das Motto "versprochen, gebrochen" stellen. Schauen Sie auf die Bilanz Rot-Rot, die meine Fraktion auf ihre Homepage gestellt hat: http://www.fdp-fraktion-berlin.de). Damit nehmen Sie den Versprechensbrechern die Möglichkeit zu regieren. Das schmerzt doch viel mehr als eine verlorene Wette. Wollen wir wetten?
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Martin Lindner