Frage an Martin Lindner von Marliese G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Lindner,
ich bitte Sie mir zu erklären, warum denn die Ortsvorsitzende von Hermsdorf-Tegel einen Brief geschrieben hat indem sie alle die erhobenen
antisemitischen Vorwürfe bestätigt und sich dafür entschuldigt hat. Der Brief ist im Internet zu lesen und war auch bei der Sendung KLARTEXT im RBB zu sehen.
http://www.rbb-online.de/_/fernsehen/magazine/beitrag_jsp/key=rbb_beitrag_4669154.html
ein Link zu dem Brief der Vorsitzenden:
Wieso wird von der FDP bestritten, was die Vorsitzende zugibt? Bitte um eine Stellungnahme.
Vielen Dank
Marliese Gallinsky
Sehr geehrte Frau Gallinsky,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage.
Die Berliner FDP ist eine Partei der Weltoffenheit und der Toleranz. Ausländerfeindlichkeit oder Antisemitismus sind mit unserer Grundhaltung unvereinbar.Ich selbst bin Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und seit Jahren für die Aussöhnung zwischen Deutschen und unseren Mitbürgern jüdischen Glaubens sowie dem Staat Israel engagiert. Meine Fraktion hat den ehemaligen Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde von Berlin, Albert Mayer, in die 12. Bundesversammlung entsandt. Ich lasse mir und meiner Partei wie Fraktion nicht ein bißchen Nähe zu antisemitischem Gedankengut nachsagen!
Vor dem Hintergrund eines Ortsverbands-internen Machtkampfes hat es in einem Ortsverband von einem Vorstandsmitglied gegen andere Mitglieder des Vorstands den Vorwurf gegeben, diese hätten sich in einer internen Vorstandssitzung antisemitisch geäußert. Diese Parteimitglieder, deren freiheitliche und untadelige Haltung die FDP teilweise seit Jahrzehnten kennt, haben diese Unterstellungen empört und nachdrücklich zurückgewiesen und Rechtsschutz gegen diese Verleumdungen gesucht. Sie haben dabei allerdings erfahren müssen, wie schwer es ist, die Haltlosigkeit der Vorwürfe zu beweisen.
Wir nehmen solche einseitigen Behauptungen dennoch sehr ernst. Der Ortverband selbst hat die Vorwürfe wiederholt und glaubhaft zurückgewiesen und sich deutlich von jeder Form von Antisemitismus distanziert. Obwohl Ortsverband und Bezirksverband mehrfach die Vorwürfe klar und deutlich zurück gewiesen haben, hat dennoch der Landesvorstand mit allen Beteiligten Gespräche geführt, die Vorwürfe dokumentiert und seinen Justiziar gebeten, diese rechtlich zu bewerten. Eine restlose Aufklärung ist unabdingbar.
Gleichzeitig haben einige der Beteiligten Strafanzeigen gestellt.
Den von Ihnen zitierten Brief hat die damalige Ortsvorsitzende widerrufen. Sie gibt an, dass er nur unter erheblichem Druck zustande gekommen sei.
Wie Sie sehen, eine sehr unübersichtliche Lage vor dem Hintergrund eines internen Streits. Hier steht Aussage gegen Aussage, letztlich werden die Gerichte die Beweislage zu bewerten haben. Für eine Rechtsstaatpartei hat, so schwierig es im Einzelfall sein mag, bis dahin die Unschuldsvermutung zu gelten.
Ich persönlich gehe davon aus und weiß mich da mit dem Landesvorsitzenden Markus Löning, MdB, auf einer Linie, dass - sollte auch nur das Geringste an diesen Vorwürfen stimmen - für die betroffenen Personen kein Platz in einer Partei ist, die sich der Weltoffenheit und Toleranz verschrieben hat. Ich bitte Sie aber sehr herzlich um Verständnis dafür, dass jeder der Beteiligten einen Anspruch darauf hat, dass diese schwerwiegenden Vorwürfe genauestens geprüft werden und dass auch die laufenden Strafanzeigen von Seiten der Staatsanwaltschaft noch Ermittlungen erfordern.
Es ist bedauerlich, dass die Arbeit von einigen Tausend ehrenamtlichen engagierten Parteimitgliedern durch die erhobenen Vorwürfe so in Misskredit gebracht wird, ich bin mir sicher, dass wir in kürzester Zeit die Ergebnisse der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen kennen werden und kann Ihnen noch einmal versichern, dass dies dann auch zu den entsprechenden Konsequenzen führen wird
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Dr. Martin Lindner