Frage an Martin Lindner von Klaus W. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Lindner,
1.angesichts der Massenarbeitslosigkeit und dem Ruin von unzähligen mittelständischen- und Kleinbetrieben wollen Sie eine Belebung der Wirtschaft und zahlreiche Neuansiedlungen von Betrieben. Wie wollen Sie das angesichts der vielen Arbeiter aus Polen und Rumänien, die offenbar völlig legal, teilweise für 5 € Stunde und weniger, arbeiten, realisieren? Selbige melden hier auch noch Ihre sog. Gewerbe an. Dass damit immer weniger deutsche Einzahler für immer mehr Empfänger von Sozialtransfers einzahlen werden ist vorprogrammiert.... Sehen Sie das auch so?
2. Sie wollen die Bürokratie im allgemeinen und die Beamten der Verwaltung im besonderen gerne abschaffen. Bei der von Ihnen geplanten Neuansiedlung von Betrieben müssen diese auch verwaltet werden ( Finanzamt, Wirtschaftamt etc. ) Soll das zukünftig wegfallen, oder was meinen Sie mit "Bürokratieabbau"?
In der Hoffnung auf Antworten und mit freundlichen Grüßen,
Klaus Wollschläger
Sehr geehrter Herr Wollschläger,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Offene Grenzen und Märkte bringen letztlich mehr Wohlstand für alle. Abschottung und Verbote bringen nichts. Die billigen Anbieter würden noch mehr in die Schwarzarbeit abwandern. Besser ist es, sich auf die neue Konkurrenz einzustellen, konkurrenzfähiger zu werden und all das, was sich bisher auf dem Schwarzmarkt abspielt, in die Legalität zu ziehen. Dann gibt es auch wieder mehr Einzahler in die Sozialversicherungssysteme - und zwar unabhängig davon, welchen Pass jemand hat.
Völlig klar ist dabei, dass die Löhne nicht unendlich nach unten abgesenkt werden können. Diesen Wettlauf würden wir verlieren. Aber neben einer nötigen Lohnzurückhaltung müssen vor allem die Lohnnebenkosten gesenkt werden. Die sind es ja vor allem, die die legale Arbeit in deutschen Betrieben so teuer und damit unattraktiv machen. Und hier ist auch Potential für deutliche Senkungen. Zum Beispiel müssen die Kranken- und Rentenversicherung auf ein kapitalgedecktes System umgestellt werden. Wir müssen raus aus der staatlichen Zwangsversicherung, die für das, was sie leistet, viel zu teuer ist.
All dies ist eine Herausforderung an uns. Wir können den Markt nicht wegdenken. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass wir die Bedingungen des Marktes unseren Nachbarn nicht diktieren können. Wir haben uns viele Jahrzehnte in der abgeschotteten westlichen Welt mit automatisch geglaubtem Wachstum und ständiger Steigerung der Sozialausgaben eingerichtet. Wir konnten es uns auch leisten. Jetzt ist das anders. Wir müssen uns anstrengen und nicht auf die anderen schimpfen.
Die Berliner FDP will nicht die öffentliche Verwaltung und die Beamten "abschaffen", sondern das mittlerweile erreichte Ausmaß an Bürokratie wieder auf das unbedingt notwendige Maß zurückführen. Sie will eine Verwaltungsreform, die sich auf folgende Bereiche bezieht:
- Staatsaufgabenkritik (Reform der Verwaltungsaufgaben)
- Organisationskritik (Reform der Verwaltungsorganisation)
- Reform des öffentlichen Dienstrechts (Reform der Verwaltungsarbeit).
Diese Bereiche sind eng miteinander verzahnt und können nur im Kontext reformiert werden. Der FDP geht es dabei um eine qualifizierte Wahrnehmung der öffentlichen Aufgaben durch eine sich im Dienste des Rechtsstaates und seiner Bürger verstehenden Verwaltung mit dem dazu erforderlichen Personal und im Rahmen reduzierter Staatsaufgaben. Finanzämter z.B. sollen selbstverständlich nicht wegfallen, aber ein vereinfachtes Steuerrecht entbürokratisiert, d.h. entlastet Ämter, Bürger und Unternehmen und begünstigt so auch die Wirtschaftsansiedlung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Dr. Martin Lindner