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Martin Lindner
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Frage von Ingrid K. •

Frage an Martin Lindner von Ingrid K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Herr Lindner,

meine Fragen vom 19.8.06 haben Sie wohl übersehen. Ist ja auch peinlich wenn die eigene Partei nicht mit Geld umgehen kann, wie im Spiegel Nr 26 berichtet.

- Nun hat Report München v.29.5.06, ARD, berichtet, daß es im FDP-Ortsverband Hermsdorf-Tegel des öfteren zu antisemitischen und fremdenfeindlichen Vorfällen gekommen ist. Auch sei gegen einzelne Mitglieder des Vorstands dieses FDP-Verbandes Strafanzeige erhoben worden. Wird die Landes -FDP dort eingreifen?

- Es gibt eine Plakataktion "WERTE BRAUCHEN GOTT" um die evangel. Superintendentin in Tempelhof, Frau I. Böhm. Meinen Sie auch, daß ein Freidenker oder Atheist keine Werte hat, wie dieses Plakat unterstellt? Hatten Goethe, Lessing, Mozart, Bloch und viele andere keine Werte? Oder wurden viele Werte nicht gerade durch die Aufklärung gegen die Kirchen erkämpft.

- Der AUBIS-Prozeß ist geplatzt (Morgenpost v.20.8.06). Unbemerkt schon im Mai 2006 wurden die beiden Ex-CDU-Funktionäre, Wienhold und Neuling als "verhandlungsunfähig" erklärt. Diverse kleine Firmen führen sie aber von ihrem Hotel in Sylt aus weiter. Sollte der gesamte Berliner-Banken-Prozeß nicht aus dem Berliner Sumpf heraus an die Bundesanwaltschaft übergeben werden?
- Was halten Sie von dem angestrebten Wahlbündnis in Cottbus zwischen, hört-hört, der CDU und der verteufelten PDS?
- Haben Sie schon Ihrem möchte gern Partner Herrn Pflüger gratuliert? Zum 2. Kind - aber auch zu seinem Beweis der Emanzipation: in dem laufenden Scheidungsprozeß fordert er doch 175.000 Euro Unterhalt von seiner Noch-Gattin, als Vorbild für die neue moderne Familienpolitik der CDU.

Mit besten Grüßen
Ingrid Komm

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Komm,

auch für Ihre weiteren Fragen danke ich Ihnen, soweit diese unsere Stadt Berlin betreffen und werde Sie spiegelbildlich beantworten:

Die Berliner FDP ist eine Partei der Weltoffenheit und der Toleranz. Ausländerfeindlichkeit oder Antisemitismus sind mit unserer Grundhaltung unvereinbar.Vor dem Hintergrund eines ortsverbandsinternen Machtkampfes hat es in einem Ortsverband von einem Vorstandsmitglied gegen andere Mitglieder des Vorstands den Vorwurf gegeben, diese hätten sich in einer internen Vorstandssitzung antisemitisch geäußert. Diese Parteimitglieder, deren freiheitliche und untadelige Haltung die FDP teilweise seit Jahrzehnten kennt, haben diese Unterstellungen empört und nachdrücklich zurückgewiesen und Rechtsschutz gegen diese Verleumdungen gesucht. Sie haben dabei allerdings erfahren müssen, wie schwer es ist, die Haltlosigkeit der Vorwürfe zu beweisen. Wir nehmen solche einseitigen Behauptungen dennoch sehr ernst. Der Ortverband selbst, hat die Vorwürfe wiederholt und glaubhaft zurückgewiesen und sich deutlich von jeder Form von Antisemitismus distanziert. Obwohl Ortsverband und Bezirksverband mehrfach die Vorwürfe klar und deutlich zurück gewiesen haben, hat dennoch der Landesvorstand mit allen Beteiligten Gespräche geführt, die Vorwürfe dokumentiert und seinen Justiziar gebeten, diese rechtlich zu bewerten. Eine restlose Aufklärung ist unabdingbar. Gleichzeitig haben einige der Beteiligten Strafanzeigen gestellt. Wie Sie sehen eine sehr unübersichtliche Lage vor dem Hintergrund eines internen Streits. Hier steht Aussage gegen Aussage, letztlich werden die Gerichte die Beweislage zu bewerten haben. Für eine Rechtsstaatspartei hat, so schwierig es im Einzelfall sein mag, bis dahin die Unschuldsvermutung zu gelten. Ich persönlich gehe davon aus und weiß mich da mit dem Landesvorsitzenden Markus Löning, MdB auf einer Linie, dass - sollte auch nur das Geringste an diesen Vorwürfen stimmen - für die betroffenen Personen kein Platz in einer Partei ist, die sich der Weltoffenheit und Toleranz verschrieben hat. Ich bitte Sie aber sehr herzlich um Verständnis dafür, dass jeder der Beteiligten einen Anspruch darauf hat, dass diese schwerwiegenden Vorwürfe genauestens geprüft werden und dass auch die laufenden Strafanzeigen von Seiten der Staatsanwaltschaft noch Ermittlungen erfordern. Es ist bedauerlich, dass die Arbeit von einigen Tausend ehrenamtlichen engagierten Parteimitgliedern durch die erhobenen Vorwürfe so in Misskredit gebracht wird, ich bin mir sicher, dass wir in kürzester Zeit die Ergebnisse der Staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen kennen werden und kann Ihnen noch einmal versichern, dass dies dann auch zu den entsprechenden Konsequenzen führen wird Als Liberaler ist es mir extrem wichtig, dass sich die Kirchen klar zur Politik des Senats (in diesem Fall das Zwangs- und Einheitsfach Ethik) äußern können und dürfen. Offensichtlich (wenn man einer Emnid-Umfrage der Berliner Morgenpost glauben schenken mag) teilen 72 % der Berliner Bürger die Position der Kirchen. Auch Goethe, Lessing u. a. hätten sich, wenn ich Ihre Spekulationen aufgreifen darf, gegen eine von der Obrigkeit oktroyierte Wertevermittlung aufgelehnt. Der FDP ist es wichtig, dass die Glaubens- und Wahlfreiheit des Individuums gewahrt und vor der staatlichen Bevormundung geschützt werden.

Ich gehe nicht davon aus, dass die Kirchen Andersgläubigen oder Atheisten die Fähigkeit absprechen wollen, ethische oder moralische Entscheidungen treffen zu können. Auch die Kirchen haben seit dem späten Mittelalter einen Wandel vollzogen.

Die von Ihnen angeregte "Übergabe" des Banken-Prozesses an den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof ist zuständigkeitshalber nicht möglich. Er steht in seiner Funktion als Anklagevertreter bei Verfahren vor dem Bundesgerichtshof sowie als Ermittlungsbehörde in bestimmten - gesetzlich geregelten - Fällen des strafrechtlichen Staatsschutzes neben den Landesstaatsanwaltschaften. Der Generalbundesanwalt hat im Wesentlichen folgende Aufgabenbereiche:
- Mitwirkung an den Revisions- und Beschwerdeverfahren vor den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs;
- erstinstanzliche Strafverfolgung von Delikten gegen die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere von terroristischen Gewalttaten, Delikten gegen die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, vor allem von Landesverrat, Spionage und von Völkermord.

Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof ist zudem im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz ein "Anwalt" des Bundes. Ihm ist die Vertretung in Verwaltungsverfahren und gerichtlichen Verfahren übertragen, die den Bundesgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht, den Bundesfinanzhof und das Bundesdisziplinargericht oder aber die Bundesanwaltschaft selbst betreffen. Für den Komplex des Banken-Prozesses lässt sich insoweit keine Zuständigkeit herleiten.

Zu Ihrer 4. Frage zum Wahlbündnis zwischen CDU und PDS in Cottbus. Dies ist letztlich eine Entscheidung der CDU. Die Bürgerinnen und Bürger werden bei der Wahl in Cottbus ihr Urteil hierzu fällen. Zu Ihrer letzten Bemerkung zu Herrn Pflüger. Ich bin der Meinung, dass auch Politiker ein Recht auf die Achtung ihrer Privatsphäre haben. Deswegen äußere ich mich grundsätzlich nicht öffentlich über oder zu dem Privatleben von Kollegen und somit auch nicht zu den angesprochenen Themen aus dem Privatleben von Herrn Pflüger.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Martin Lindner