Frage an Martin Lindner von Friederike H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Lindner,
die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus sind schon in fast vier Wochen und noch immer, habe ich den Eindruck, spielen sie in der Öffentlichkeit keine Rolle. Wie kann das sein? Was tun Sie oder Ihre Partei gegen die Politikverdrossenheit, die nicht nur in Berlin zu spüren ist? Es kann für eine Demokratie nicht wünschenswert sein, daß die Hälfte der Bevölkerung an einer Wahl nicht teilnimmt. Auf Ihre Antwort bin ich sehr gespannt und verbleibe bis dahin mit
freundlichen Grüßen,
Friederike Hettlage
Sehr geehrte Frau Hettlage,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Für eine kleine Partei mit begrenzten finanziellen Ressourcen mühen wir uns redlich. Was die Partei zur Verstärkung ihrer Präsenz in Berlin tut, sehen Sie seit knapp 4 Wochen in den Straßen von Berlin, in denen die FDP mit aussagekräftigen Großplakaten für die bevorstehende Wahl wirbt. Auch unsere Pressepräsenz in Zeitungen und Radio ist ordentlich. Ein Problem ist sicher, dass mit landespolitischen Themen die Titelseiten schwer zu erorbern sind. Immerhin haben wir es in dieser Woche geschafft, mit unserer Kritik an der Politik des Senats zum Großflughafen BBI auf die Titelseite der Morgenpost zu kommen.
Zur von Ihnen angesprochenen Politikverdrossenheit der Bürger ist meine Meinung, dass die Bürger zu Recht verdrossen sind, wenn Politiker vor der Wahl etwas anderes versprechen als nachhher halten. Ein Paradebeispiel ist die letzte Bundestagswahl, ich sage nur Mehrwertsteuererhöhung, die die SPD vorher kategorisch ausgeschlossen hatte. In diesem Zusammenhang ist natürlich die Äußerung von Herrn Müntefering, es sei "unfair" die SPD an ihre Wahlversprechen im Wahlkampf zu erinnern, schon eine Verhöhnung der Bürger. Auch die CDU/CSU hat ja große Probleme zu erklären, wo sie ihre Versprechen für eine Reformpolitik in der Großen Koalition umsetzt. Übrigens: Meine Partei hat nach der Bundestagwahl kein Versprechen gebrochen, sondern trotz Lockrufen des Altkanzlers Gerhard Schröder eine Koalition mit Rot-Grün abgelehnt. Die Überzeugung, unser Land jetzt freiheitlicher und liberaler zu machen, war uns wichtiger als Dienstwagen und Pöstchen. So stelle ich mir die Bekämpfung von Politikverdrossenheit vor.
Aber auch der rot-rote Senat reiht sich in die Reihe "Versprochen, gebrochen" ein. Ich empfehle Ihnen die Homepage meiner Fraktion (www.fdp-fraktion-berlin.de), auf der wir die gebrochenen Versprechen des Senats detailliert in einem Antrag aufgelistet haben.
In Berlin hat meine Fraktion in den letzten 5 Jahren in allen Politikbereichen konkrete Vorschläge ins Parlament eingebracht hat und damit die Versprechen aus der Wahl 2001 in konkrete Initiativen umgesetzt. Über 2100 Initiativen sind von uns erarbeitet worden.
Wir haben uns also redlich bemüht, Interesse für Politik und unsere parlamentarische Arbeit zu wecken. Die Vielzahl an Besuchern beim Tag der offenen Tür zeigt, dass Politik immer noch spannend ist und fasziniert.
Vertrauen ist ein hohes Gut. Wir Politiker müssen damit sorgsam umgehen!
Ich hoffe, Ihre Frage beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Dr. Martin Lindner