Frage an Martin Lindner von Conny H. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Lindner,
Sie haben bei "Anne Will" vom 1.11.2009 klar Stellung für eine "Kopfpauschale" und mehr Wettbewerb unter den Kassen bzw. im Gesundheitssystem allgemein bezogen.
Ihre Partei will die Privatvorsorge stärken und lobt die bessere Performance der PKV im Gegensatz zur GKV. Bezeichnen Sie es als fairen Wettbewerb, wenn die GKV jeden Antragsteller nehmen muss, während die PKV einen Gesundheitscheck von potentiellen Mitgliedern verlangt, um "Risikokunden" bzw. deren Risikokrankheiten auszuschließen? Warum gibt es überhaupt zig PKV, die viel "Beitragsgeld" für Marketing und Verwaltung aufwenden müssen, ist das nicht ineffizient?
Sie sagten, dass die Sozialversicherung in Deutschland unter Bismarck eingeführt wurde und der "überalterten" Bevölkerung nicht mehr gewachsen sei. Ist es nicht erstaunlich, dass das umlagefinanzierte System nach wie vor funktioniert, während die Privatvorsorge z.B. in den USA zum teuersten wie ineffizientesten Gesundheitssystem der Welt führte, sich jeder 6. Amerikaner keine KV leisten kann und neuerdings der Staat den Finanzmarkt stützen muss?
Sie haben in diesem Zusammenhang auf die Alterspyramide zu Bismarcks Zeiten hingewiesen und den Eindruck erweckt, als wäre die Pyramide die wünschenswerteste Form des Bevölkerungsaufbaus. Ist es nicht aber so, dass die Pyramide aufgrund zweier Weltkriege und der seit Jahrzehnten sinkenden Geburtenrate seit Jahrzehnten nicht mehr steht und z.B. mit einer hohen Kindersterblichkeit verbunden ist?
Wie verträgt es sich mit Freiheit, wenn Ihre Partei eine Zwangsversicherung für die Pflegeversicherung einführen will - quasi "Mehr netto vom brutto", um sich Privatvorsorge leisten zu müssen? Mit Pflege lässt sich doch kein Geld verdienen; wird das private System also am Ende auch unterfinanziert und nur mit Steuermitteln zu halten sein?
Wäre es nicht praktikabler, dass ALLE ohne Beitragsbemessungsgrenze in die GKV einzahlen und man nicht jeden Lobbyistenwunsch erfüllt?
MfG
Sehr geehrte Frau Höntzsch,
vielen Dank für Ihre Frage vom 02.11.2009.
Wir wollen ein Gesundheitssystem, das jedem Menschen die medizinisch notwendige Versorgung garantiert:
Wer krank ist, dem muss geholfen werden. Gleichzeitig wollen wir einen Wettbewerb im Gesundheitssystem um die beste Qualität für die Patienten. Fairer Wettbewerb ist aus meiner Sicht das geeignete Mittel, das Gesundheitssystem zu optimieren und zukunftsfähig zu machen. Und echter Wettbewerb ist vor allem auch ein gutes Mittel, den Einfluss von Lobbyisten zu beschränken, wie Sie es fordern. Wir werden hierzu vom Gesundheitsfonds ausgehen und diesen im Sinne von Transparenz und Wettbewerb weiterentwickeln. So hoffe ich, dass endlich jeder Patient eine Rechnung für medizinische Leistungen bekommt, damit mehr Kostenbewusstsein in das System kommt und dadurch Spielräume für wichtige Behandlungen entstehen. So steht es auch in dem Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und FDP: „Wir werden das deutsche Gesundheitswesen innovationsfreundlich, leistungsgerecht und demographiefest gestalten. Wir benötigen eine zukunftsfeste Finanzierung, Planbarkeit und Verlässlichkeit sowie Solidarität und Eigenverantwortung. Wir brauchen eine Kultur des Vertrauens anstelle überzogener bürokratischer Vorschriften. Das Gesundheitswesen ist gerade in einer älter werdenden Gesellschaft die Zukunftsbranche mit bereits jetzt über 4 Millionen Beschäftigten. Es ist der Bereich mit der höchsten Innovationsrate und einem geradezu explosionsartig zunehmenden Wissen. Wir wollen den Rahmen so setzen, dass sich der Wettbewerb der Ideen im ständigen Bemühen um eine Verbesserung der Qualität der Versorgung entfalten kann.“
Mit freundliche Grüßen
Dr. Martin Lindner, MdB