Frage an Martin Lindner von Jan N. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter herr Lindner,
ihre Partei ist gegen einen grundlegenden gesetzlichen Mindestlohn und möchte nur sittenwidrige Löhne verhindern. Diese beginnen nach FDP-Interpretation dann, wenn der Lohn ca 30% unter dem Branchenüblichen Lohn liegt. Dazu habe ich einen interessanten Artikel gefunden http://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31394/1.html , aus dem hervorgeht, dass dann in einigen Branchen Löhne von knapp über 2€ die Stunde ok wären. das wären bei 23 Arbeitstagen zu je 8h insgesamt 368€ brutto. Sind 368€ Bruttolohn für einen Vollzeitjob laut FDP ein Lohn, der in Ordnung geht? Wie sollen die Menschen davon leben können und wenn die FDP das doch zu niedrig finden würde, wie verhindert ihre Partei dann solche Löhne?
Sehr geehrter Herr Neumann,
vielen Dank für Ihre Frage vom 27.10.2009.
Sie fragen, wie man sittenwidrige Löhne von knapp 2 € vermeiden kann. Wir gehen von dem Grundsatz der Tarifautonomie aus, nach dem die Lohnfindung grundsätzlich Sache der Tarifparteien ist. Sie können nämlich am besten beurteilen und aushandeln, welcher Lohn gemessen an der allgemeinen Preisentwicklung, der Wertschöpfung und der Gewinnsituation der Unternehmen und der sonstigen branchenspezifischen und regionalen Bedingungen angemessen für die Arbeitnehmer, aber auch verkraftbar für die Unternehmen ist. Meines Erachtens bietet das Verbot sittenwidriger Löhne und das System von Mindestlöhnen, die sich aus dem Arbeitnehmerentsendegesetz, aus der Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tariflöhnen und künftig aus dem Mindestarbeitsbedingungengesetz ergeben, einen effektiven und zielgenauen Rahmen, um dort mit staatlichen Vorgaben zu helfen, wo eine gerechte Lohnfindung zwischen den Tarifparteien bzw. einzelnen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gestört ist.
Außerdem soll das bereits nach § 138 BGB bestehende allgemeine Verbot sittenwidriger Verträge, zu dem sich eine nicht ganz einheitliche Rechtsprechung in Bezug auf Dumpinglöhne gebildet hat, konkretisiert werden; dies wird auch dazu beitragen, dass sich Arbeitnehmer nicht mehr auf extrem niedrige Löhne einlassen werden und verbessert ihre Verhandlungsposition bei der Vereinbarung des angemessenen Lohns. Zum Mindestlohn ist im neuen Koalitionsvertrag folgende Passage aufgenommen: "Die bestehenden gesetzlichen Regelungen zum Mindestlohn werden bis Oktober 2011 evaluiert. Dabei kommt es uns darauf an, diese daraufhin zu überprüfen, ob sie Arbeitsplätze gefährden oder neuen Beschäftigungsverhältnissen entgegenstehen. Zugleich gilt es zu prüfen, ob sie sowohl den erforderlichen Schutz der Arbeitnehmer als auch die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Branchen gewährleisten. Das Ergebnis dieser Evaluierung soll als Grundlage für die Entscheidung dienen, ob die geltenden Mindestlohnregelungen Bestand haben oder aufgehoben werden sollten. Die anhängigen Bundesgerichtsverfahren im Zusammenhang mit dem Postmindestlohn werden abgewartet."
Mit freundliche Grüßen
Dr. Martin Lindner, MdB